Zu Achen im Dom zeigt man an dem einen Flügel des ehernen Kirchentors einen Spalt und das Bild eines Wolfs nebst einem Tannenzapfen, beide gleichfalls aus Erz gegossen. Die Sage davon lautet: vor Zeiten, als man diese Kirche zu bauen angefangen, habe man mitten im Werk einhalten müssen aus Mangel an Geld. Nachdem nun die Trümmer eine Weile so dagestanden, sey der Teufel zu den Rathsherrn gekommen, mit dem Erbieten, das benöthigte Geld zu geben unter der Bedingung, daß die erste Seele, die bei der Einweihung der Kirche in die Tür hineinträte, sein eigen würde. Der Rath habe lang gezaudert, endlich doch eingewilligt und versprochen, den Inhalt der Bedingung geheim zu halten. Darauf sey mit dem Höllengeld das Gotteshaus herrlich ausgebaut, immittelst aber auch das Geheimniß ruchtbar geworden. Niemand wollte also die Kirche zuerst betreten und man sann endlich eine List aus. Man fing einen Wolf im Wald, trug ihn zum Haupttor der Kirche und an dem Festtag, als die Glocken zu läuten anhuben, ließ man ihn los und hineinlaufen. Wie ein Sturmwind fuhr der Teufel hinterdrein und erwischte das, was ihm nach dem Vertrag gehörte. Als er aber merkte, daß er betrogen war und man ihm eine bloße Wolfsseele geliefert hatte, erzürnte er und warf das eherne Thor so gewaltig zu, daß der eine Flügel sprang und den Spalt bis auf den heutigen Tag behalten hat. Zum Andenken goß man den Wolf und seine Seele, die dem Tannenzapf ähnlich sein soll. – Andere erzählen es von einer sündhaften Frau, die man für das Wohl der ganzen Stadt dem Teufel geopfert habe und erklären die Frucht durch eine Artischocke, welche der Frauen arme Seele bedeuten soll.
Original: Deutsche Sagen der Brüder Grimm von 1816
Zum Dom in Aachen gibt es auch noch weitere Sagen und Geschichten. Eine davon lautet kurz:
Zu Achen steht ein großer Turm in der Stadtmauer, genannt Ponellenthurm, darin sich der Teufel mit viel Wunders-Geschrei, Glockenklingen und anderm Unfug oftmals sehen und hören läßt, und ist die Sage, er sey hinein verbannt und da muß er bleiben, bis an den jüngsten Tag. Darum, wenn man daselbst von unmöglichen Dingen redet, so sagt man: „ja es wird geschehen, wann der Teufel von Ach kommt,“ das ist, nimmermehr.