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Der Schatz des Rübezahl
Folgende Description hat mir mein guter Freund Anno 1580, den 6. December mitgetheilet. Ich Hans Man von Regenspurg ein Kaufmann daselbst, durch Verhängnüß des Allmächtigen Gottes, da ich in voller Possession mit meinem Gut in die 80000 fl. war, in kurzen Jahren hernach durch Schuld verarmete, daß ich mit 10 fl. von meinem Weib und Kindern scheiden mußte, und wie ich in solcher Angst und Noth war, beschehret mir Gott einen guten alten Italiäner, der viel mit mir in Handelschafften gewest, sich meiner erbarmet, und mich mit nachfolgender Schrifft, davonn ich dann aus allem meinem Kummer und Noth, mit Ehren wieder zu meinem Weib und Kindern kommen, getröstet, und das mit Hülffe des Allmächtigen. In Schlesien ist eine Stadt, Hirschberg genannt, von derselben seind 2 Meilen ins Gebürge, da ist ein Dorff Warmbrunn, allda ein Warmbad, dasselbe Dorff gehe gar hinauf, bald stößt daran ein Dorff, Hermannsdorff genannt, lieget unter dem Kinast, davon gehe auff Petersdorff, von dannen auff ein klein Dörfflein, heißt der Schreiberhau, dasselbe Dorff gehe eben auß, wohl drei Feldweges, gegen einem Berge, den man heißt den Schwartzen, bey einer großen Tannen, sind viel Zeichen eingehauen, dabey ist ein alter buchener Stamm, darein mancherley Zeichen verborgen gehauen, und geschnitten, unter welchen das bekänntlichste, da kommet bei dem Stamme ein Rasenweg, gehet umb den Berg hinan ein Fluß, da vor Zeiten eine Glasehütten gestanden, in demselben Fluße, findet man gut Seiffen-Gold zu waschen, siehe gar eben auff einen verraseten wilden Weg, am Anfange desselben stehet eine große Haselstaude am andern Orte, dem Wege folge nach, wohl anderthalb viertel einer Meilen, so kommest du auff brüchicht, und schwappicht Erdreich, ist auch strittig von großen Kräutern, und fleusset ein klein Wässerlein verborgen, denn es mit Moß bedeckt, lege dich nieder, so hörest du es klingen, hebe das Moß auff, so findest du gut Gold, als Haselnüsse groß, wilt du aber noch besser fort, habe Acht und siehe nach dem Auffgang der Sonnen, da sie umb S. Johannistag auffgehet, so wirst du eine große rumpichte Birke sehen, ganz bemoset, oben zweyer Ehlen hoch über der Erden, und seind viel Zeichen darinnen, unter dem verborgen gehauen, siehe nach der rechten Seiten, hebe das Moß auff so findest du diß Zeichen, und dagegen über noch einen alten bemosten Stein, auch also bezeichnet, durch welchen du den alten Weg erkennen wirst, dem gehe nach eine gute Weile, so kommest du zu einem Flüßlein, hat rötlicht Wasser, und gut Seiffen-Gold, auch wirst du in den Stöcken und Bäumen immerdar mancherley Zeichen finden, dem Flüßlein gehe ein wenig nach, so kommet aber ein Flüßlein auff der linken Hand, und fällt ins erste, dem gehe nach, du wirst an eine große Buche kommen, darinnen viel Zeichen gehauen, folge umb zweyer Feld-Weges weit vor dich fort, so siehest du einen Stock, darein schneeweiße Zeichen, gehauene Messer-Krahlen, und andere Zeichen sind, da findest du gut Seiffen-Gold, einer Bonen groß. Gefält dir das nicht, überschreit das Floß, gegen dem strack über, so wirst du eine große dicke Tanne sehen, darein ein groß Kreutz gehauen ist, siehe eben wo das Kreutz hinzeiget, dem gehe nach, umb ein Steinwurff weit, wirst du sehen ein klar Flößlein kommen, dem gehe nach hinauff, so wirst du auf der linken Seite des Flößleins einen erhabenen Stock sehen, ist gantz dürre, darinn viel Zeichen, unter denen du auch dieses findest das Flößlein hat auch roth Gold, gehe demnach eine gute viertel Meile hinauff am Berge, wo es entspringet, da findet man Gold, größer als Haselnüsse, wilt du weiter gehen, siehe bey dem Ursprung des Flößleins stehet auf der rechten Seite eine zweifältige große Tanne, ist auff der rechten Seite gezeichnet also weisende auff einen großen Weg, dem gehe eine gute Weile den Berg auff nach, so wirst du sehen 4 Erlen an einem Stamme, unten dran viel Zeichen gehauen sind, weisende auff einen Rasen-Weg, dem gehe eine gute Weile auff die rechten Hand nach, so kommest du aber zu einem Flößlein, zwischen Steinen rauschend, das hat auch gut Gold, siehe dich umb gegen Abend, den Berg auff, so wirst du gewahr, einer großen Tannen, die Zeichen an derselbigen Seiten aber wirstu einen Rasen-Weg finden, dem gehe nach einer viertel-Meile, gegen der linken Hand, so wirstu einen großen Stein finden, hoch in die Höhe langende gehe umb den Stein, gegen der rechten Seite, unten zu der Erden, das mit Mooß bedeckt, hebe das Mooß auff, so wirstu viel Zeichen sehen, darunter wie vorgemeldet an derselben Seite wirstu aber einen Rasen-Weg finden, merck eben auff wohin sie zeigen, vor sich auff die rechte Hand gegen Abend auff einen Weg, dem gehe nach auff 3 Armbrustschüsse so wirstu auff einen Plan kommen, da schöne hohe Kräuter, unter welchen du sehen wirst einen erhabenen Stein, der hat sieben Ecken, und zwo Stuffen, auff der dritten Stuffen stehet er, gehe umb diesen Stein, gegen Morgen findest du ein Loch daran, suche mit Fleiß eine dicke Haselstaude, darinnen wirst du einen Knittel finden, den stoß in das Loch, und wiege, so wird sich der Stein auffwiegen, lege ihm was unter, nim jetzt das Gott bescheret, denn du genug Gold alda finden wirst, so du aber keinen Knittel findest, hastu gegen dem Loch über Äschen-Bäume, haue dir einen, wiege den Stein auff, darnach laß ihn wieder nieder, wiltu aber weiter gehen, und besehen die Bürcke, die man nennet die Abendröthes Bürcke, so gehe wieder umb den Stein, und siehe daß du dich gleich gegen Abend kehrest, so kommest du gleich wieder ins Holtz. Mercke es stehen kurze Stämme zweie gegen einander über, haben viel eingehauene Zeichen, unter welchen auch die vorhergehende Zeichen. Da wirstu einen veralteten Weg sehen, dem gehe nach, er wird sich seltzam drehen, aber habe acht, du wirst stets die Zeichen, jetzt an Buchen, bald an Tannen, bald an Fichten finden, wenn du nun wohl an Berg kommest, so habe acht auff eine Buche auf der rechten Hand, und dann eine große Bürcke, auf der linken Hand, mit vielen Zeichen, darunter das vorige auch, so ergieb dich Gott gänzlich, denn du viel Anstöße haben wirst, kehre dich an nichts, gehe nur getrost wohl umb ein Gewande, so wirstu eine Klufft gerichts gegen den Abend liegend im Berge gebogen finden, darinnen du sehen wirst, eine schöne Thür, zugericht von schönen Marmelstein, der ganz braun leuchtet, mit einer rothen blechenen Thür, beyneben ein gevierdt Fenster, auch mit einem rothen blechenen Laden, gehe darzu, da wirst du sehen ein gölden Crucifix über der Thür, knie nieder, bete, 5 Paternoster, 5 Ave Maria, und ein Credo, zu Dancke dem Leiden unsers Herrn, darnach habe Acht auff die rechte Seiten, unten an der Thür gerichts herab, hebe das Mooß auff, so findest du ein Loch, darinnen ein Schlüssel, der schließt die Thür auff, mache den Laden auff, so wirstu Wunder Gottes sehen, es ist kein reicher Stelle auff Erden, denn diese, die wird vergunt wegzutragen, so viel du kannst, mache die Burck mit Fenster und Thür zu, lege den Schlüssel wieder an seine Stell, gehe davon, und wende das Gut zu Gottes Ehren, so wird dirs gerathen.
Diß hab ich obgemelter Hans Man von Regenspurg zweymahl gefunden, aber übel angewendet, derhalben mich Gott gestraffet hat, daß ichs zum drittenmahl nicht finden können.
Die Zeit im Jahre, so findig erwehneter Ort ist, ist die Marterwoche, 14 Tage, in den Osterlichen Zeiten, wo es nicht sehr großen Schnee hat; item am Tage des h. Creutzes Erhebung, in der Creutzwoche alle Tage; in der Pfingstwochen alle Tage; an St. Johannis des Täuffers. St. Margarethä. S. Bartholomäi und Aegidi, und alle Quatember drei Tage.
Der leidige Satan aber der Rübe-Zahl thut manchen erschröcken, denn er läst sich ernstlich sehen in Gestalt eines großen grauen Münchens, mit einer Lauten, schlagende, daß die Erde erbebet, reichende über alle Bäume, darnach wirft er die Lauten nieder, wie ein großer Donnerschlag, jetzt kommt er in ein großen Bären-Gestalt, dann in eine andere grausame Monstra verwandelet, dergleichen nie gesehen sein, bald läßt er ein großes Feuer von ihme scheinen, dann ein großes Feuerflott, gegen ihm weltzen, und deß Schröckens ist viel. Letzlich, wenn man zu der Burck gehet, wirfft es Hagel, als messinge Büchsenkugel, es ist nur Blendwerk, kehre dich nichts daran.
Zu Fettersdorff hat ein Man mit Namen Krebs, gewohnet, ein Schneider seines Handwerks, der sonsten auch alte Schäden zu heilen gepfleget, dieser hat die Laute auffm Berge anzuweisen gewußt, sein Sohn ist noch vorhanden, namens Christoff Krebs, da frage nach.
Rübezahl duldet keine Hunde
Dieses soll gar ein gemeines und allen bekanntes Ding sein, daß der Berg-Geist keinen Hund oben leide, weil er selber der einige Jäger sein will, der das Wild hetzet. Also soll es unlängst geschehen sein, (wie ich [J. Prätorius] diese und die folgende Geschichte von einem glaubwürdigen Pfarrherrn auß der Schlesien mündlich in Leipzig empfangen habe) daß der eigentliche Herr des Orts, nehmlich der Herr von Schafgotsch, seinem Jäger befohlen, er solle doch einen Hund zu sich mit hinauf nehmen, damit er einen Gehülffen bey der Hand hätte, so er ein Wild vermercken möchte: Sintemahl der Jäger sein Häußlein und Wohnung immer droben hat, aber keine Hunde halten und behalten kann. Was geschieht? Ob der Wild-Schütze sich gleich weigert, und ofte vorwendet, daß es vergebens sein würde, weil es ja niemahls einen Hund litte, so hat er dennoch Ihrer Gnaden Befehl gehorsamet, und einen wackern Wind-Hund zu sich mit hinauf genommen: Wie er aber droben gewesen, da war ihm ein Mann begegnet, welcher Zweifels ohne der Riphäische Satyrus gewesen, solcher war stockstille gestanden, und hatte diesen vorübergehenden Windhund mit starrenden Augen eine lange Weile angesehen, biß der Jäger zu seinem Häußlein gekommen, da er solchen Hund in einem Stalle bey sich versperret: Aber, wie er frühe morgens wiederumb darnach sehen will, da war kein Hund zu sehen noch zu hören gewesen, biß er am Tage ungefehr, indem er sonsten außgegangen, und Wild gesuchet, bald hie, bald da, ein Viertel von seinem Hunde am Gebüsche hangen siehet.
Rübezahl jagd auch im Winter
Untem am Gebürge soll ein schlichter Mann wohnen, der zu Sommers-Zeiten diese Gewohnheit hat, daß er mit seiner Sensen aufs Gebürge gehet, alda das Gras abmeyet, und darnach an den Klippen in Hucken übereinander leget, biß er im Winter mit einem Schlitten über den gefallenen Schnee füglich hinauf fahren könne, und alßdenn solches gewordene Heu zu sich herunter bringe. Solchem Mann soll es oft begegnet sein, daß der gedachte Geist ihn in Gestalt eines Jäger-Meisters mit einem Pferde unvermutlich angerennet, daß er sich drüber verwundert, woher er kommen möchte, oder droben zwischen den unebenen Felsen fortkommen könnte. Ja es soll der Rübezahl bisweilen ihme so nahe gerathen, und mit seinem schnaubichten Pferde über den Hals gleichsam geritten sein, daß der Schaum auf den Achseln darvon kleben geblieben, darbei er denn auch gefraget: »Was machst du hier?« Resp. »Ach Herr! ich habe ein Bißgen Heu geholet.« Und hierauf war er denn immer fortgeritten, der Mann aber hatte sich nicht minder bald herunter nach Hause verfüget.
Rübezahl drillt einen Soldaten
Es gehet eine Parthey über das Gebürge auf ein fünfzig oder sechzig Pferde stark, die kommen auch an ein Wirths-Haus, bitten den Wirth, er soll ihnen einen Bothen mitgeben. Der Wirth spricht: Sie müssen ein wenig verziehen. Giebet den Officiren ein Stück Käse und Brod, und einen Trunck Bier, unterdessen kommt ein Mann gegangen, welcher des Wirths sein Compan gewesen, dem befiehlet der Wirth, er solle ihnen den Weg weisen. Dieser thut es. Die Officiren bedanken sich der Ehre. Es ist aber ein Sau-Magen unter der Compagnia, der ist gantz voll, bleibet zurücke, und kehret wieder ins Wirths-Haus hinein, wil den Wirth trillen, er soll ihme geben, was er begehret. Der Wirth zanckt sich mit ihme, und wil ihme nichts geben. Dieser zeucht vom Leder, wil den Wirth eins versetzen. Der Wirth saget: »Ey immer her.« Der Soldat hatte sein Pferd an eine Seule angebunden. Der Wirth treibet den Soldaten mit einem Prügel eine gute Ecke weit, und schmeist ihn mit dem Prügel, daß er eine Weile liegen bleibet. Der Wirth gehet nach Hause, der Soldat gehet hernach. Wie er hinkommt, wo das Wirths-Haus soll gewesen sein, findet er weder Wirth noch Wirths-Haus, sein Pferd stehet an einem Baume angebunden mitten in dem Walde, ist in acht Tagen wieder zu seiner Parthey kommen, da er alles seinen Officiren erzehlet. Diesem Bier ist recht geschehen.
Rübezahl als Hochzeitsgast
Einsmahls reitet er mit zwo andern zu dritt auß, und kommt in ein Dorf, da haben zwey arme junge Leute Hochzeit. Nun ist es an etlichen Ohrten Brauch, daß die Braut mit ihren Gästen in die Schenke zum Tantze gehet. Dieser bittet den Bräutigam, er wolle ihm vergönnen, mit seiner Braut einen Ehren-Tantz zu tun. Der Bräutigam lässet es ihm zu. Unter dem Tantze verehret er der Braut zwey rothe Bänder, und bindet ihr solche umb die Hand, verehret auch dem Bräutigam ein Stück Geld, eines Thalers gros. Er bleibet über Nacht mit seinen bey sich habenden zwei Reutern in der Schenke, bezahlet alles, was er verzehret. Der Wirth bestellet aber bey dem Bräutigam, er solle ihm die Ehre tun, und ihn zum Frühstück bitten, er kommt aber nicht, sondern reitet fort. Wie die Gäste nun wieder zusammen kommen, weiset er ihnen das Geschenke. Sie sehen es alle an, wissen aber nicht, was es ist. Als der Pfarrherr auch hinkommt, so weiset er ihme solches auch. Wie er es in die Hand nimmt, so ist es, da es zuvor weiß, wie ein Thaler, gewesen, ein schöner Portugaleser. Die Braut weiset ihre zwey rothen Bänder. Als sie der Pfarrherr auch in die Hand nimmt, so sind es zwey schöne Arm-Bänder. Das war ein gut Geschenk vor arme junge Eheleute.
Rübezahl und die Studenten
Es kommen drei Studenten über das Gebirge gereiset, die haben sich verirret, da kommen sie auf einem Berge in ein Wirthshaus, sie bitten den Wirth, er wolle ihnen den rechten Weg weisen, sie hätten sich verzehret, und wären in der Irre. Weil es denn später Abend gewesen, sagt der Wirth, sie sollen dar bleiben. Die entschuldigten sich, sie hätten keine Zehrung. Der Wirth saget, sie würden so viel nicht verzehren, giebt ihnen eine Kegel-Kugel mit dreien Kegeln, sie sollen sich unterdessen erlustigen, bis die Mahlzeit fertig würde. Die guten Leute, weil sie kein Geld hatten, wolten sie den Wirth auch nicht betrüben, sondern hielten bei ihme an umb den Weg zu weisen, haben etliche Vaganten-Stücklein mit einander musiciret, das gefiehle dem Wirthe wol, gibt ihnen was zu essen und zu trincken, und gibt einem jeden einen Kegel mit, weiset ihnen den rechten Weg. Sie dencken aber: Was sind uns die garstigen Kegel nütze? Zween werffen ihre Kegel weg, der dritte aber behält seinen, und nimmt ihn mit auf die Herberge. Als sie früh aufstehen, siehet der nach seinem Kegel, derselbe ist gantz schwartz und schwehr. Er kratzt mit dem Messer hinein, so ist er lauter Gold. Die andern wollen ihre Kegel wiederholen, haben aber keinen gefunden.
Rübezahl hinterlässt Edelsteine
Vor der Reformation, da es in Böhmen noch Lutherisch und Evangelisch gewesen (da es itzund kaum Epistolisch, Catholisch wollte ich sagen, ist), zu solcher Zeit ist ein Pfarrherr übers Gebirge gangen sampt seinem Küster, in Willens, eine Kind-Tauffe herüberwerts zu verrichten. Indem er aber mit seinem Handlanger wandert, da soll er ungefehr bey der einen Schnee-Küppe eines Italiäners am Bächlein wahrgeworden sein, der viel kleine Steinlein über einen Hauffen da heraußgelesen und neben sich hingelegt gehabt. Wie er solchem etwas näher gerathen, da war der vermeinte Italiäner eilends darvon gesprungen, und hatte alles im Stiche gelassen, was er gesammelt. Der Pfarrherr aber hatte unterdessen etliche Steinlein zu sich in sein Schnupptuch gesteckt, und war darmit vor die lange Weile weggegangen, hatte sie auch beym Goldschmiede versuchen lassen, und befunden, daß es köstliche Edelgesteine gewesen, derentwegen er bald drauf eben des Weges gegangen, die übrigen Steine zu suchen, aber da war weder Steingen noch Bächlein zu sehen gewesen, ob er gleich die vorige Stelle betreten, wiewohl dem Pfarrherrn auch vorhero soll Wunder genommen haben, daß er allda ein rinnendes Bächlein außm Berge vermercket, als der vor dessen keines alda angetroffen, ungeachtet, ob er schon sehr vielmahls desselben Weges sich gebrauchet gehabt.
Rübezahl schwängert eine Obristin
Im abgewichenen dreißigjährigen Deutschen Kriege soll es geschehen sein, daß eine Obristin in einer Kutsche über das Riesen-Gebirge gefahren samt andern Mitgefehrten. Es soll ihr aber unterwegens nothgetan haben, allein von der Kutsche herunter zu steigen, und hinter einem benachbarten Busche, Salva Venia zu melden, ihren Behuff zu tun, mittlerweile denn die Kutsche immer algemächlich ein wenig fürder gefahren ist. Was geschieht? Wie jene Frau vermeinet allein zu sein, da war ihr plötzlich ein statlicher Cavallier übern Hals gekommen, hatte sie freundlich angeredet, und genöthiget, mit zu spazieren in seinen Pallast. Drauf die Frau sich stets entschuldigt, und ihre Reise vorgewandt gehabt, daß sie nehmlich ihre Leute nicht möchte verlassen, die Zeit versäumen, oder sie in Bekümmerniß stecken. Aber wie dem allem? Es hatte die Frau sich mögen entschuldigen, soviel sie vermocht, es hatte doch der Rübezahlische Cavallier sein complimentösisches Anhalten und Ersuchen nicht angeben wollen, sondern sie endlich schier gezwungen, mit zu wandern. Drauf ihr die verlassene Kutsche auß dem Gesichte gerathen, darzu denn auch ihr Schreien und Ruffen nichts geholffen, und sie also nicht überhin gekunt, sich los zu machen, sondern hatte nothwendig in des erschienenen Cavalliers Beliebung einwilligen müssen. War derentwegen mit ihm gegangen, und hatte, nach einem kurzen Wege, ein herrliches Schloß angetroffen, das so prächtig und künstlich war gebauet gewesen, daß sie ihr Lebtage kein besseres gesehen. Es hatte sie gedeucht, wie allenthalben lauter Edelgesteine versetzt wären. In dem herrlichen Gemache, da sie war introducirt worden, da war es alles magnific erschienen. Es waren die raresten Tractamenten auf der Tafel gestanden, so hatte es auch an Pagen und Dienern nicht gefehlet, die sie aufs Schönste accommodiret hatten. Weiter waren auch flugs zugegen gewesen die lieblichsten Musiken von den ergetzlichsten Instrumenten, und was sonsten zu Fürstlichen Banquetten möchte gewünscht werden. In diesem präsentirten Gemach hatte sich die Obristin müssen niederlassen, und zwar bey der angerichteten Taffel an die vornehmste Stelle, darzu sich denn in Eil andere köstliche Herren gesellet, sie charisiret, und mit den anmuthigsten Gesprächen, nebenst den schmackhaftigsten Speisen, ergetzet, biß drüber der Abend und folgends die Nacht eingebrochen, da der erste Plagiarius oder räuberische Rübezahl in vorigangenommener Cavalliers-Gestalt zu ihr getreten, sie genöthiget zu Bette zu gehen, und die Nacht über in seinem Schloß zu ruhen. Was hatte die gute Obristin drauß wollen machen? Wie sie vorher über Macht und Willen gegessen, also hatte sie itzund auch sich müssen in die Schlaf-Kammer führen lassen, da sie die prächtigsten Betten und ein auß der Massen fast Königliches Nachtlager angetroffen, in welches sie sich geleget, und die gantze Nacht über wunderliche Grillen gemacht hat, weil sie auß großer Bestürtzung nicht gewust, wie ihr geschehen, wo sie wäre, und wo ihre Leute logireten. Hierauf war zur Mitternacht der caballierische Rübezahl für ihr Bette gekommen, hatte seine Dienste präsentiret, und sie theils bittlich, theils zwingend, dahin bemächtiget, daß sie in seinen ehebrecherischen Willen sich hatte müssen ergeben. Es soll ihr aber darbey alles sehr kalt vorgekommen sein, wie sie selber es nicht in Bedenken genommen hat, hernach über einer Tafel solches zu erzehlen bey Anwesenheit vieler hoher Officirer. Wie endlich die Nacht schier vergangen, und es in die Morgendämmerung gerathen, da soll der Cavallier abermahl zu ihr gekommen sein, sie genöthigt haben, aufzustehen, sich anzuziehen, und nach ihren Leuten sich verschaffen zu lassen. Hierauf war sie in eine kostbare Kutsche gesetzt worden, und hatte sich der ausgemundirte Rübezahl zu ihr gesetzt, und hatten neben her viel Trabanten gehabt, und waren also in weniger Frist durch dergleichen Kutscherey an einen Ort gekommen, da der Rübezahl hatte lassen stille halten, sie aufs Schönste heißen außtreten, welches denn, wie es geschehen, sie flugs zu ihren Leuten versetzt hatte, indem ihre Kutsche hart dabey gestanden, die vorige aber war in einem Huy mit allem Plunder verschwunden, drauf sie zu den Ihrigen gegangen, ihre Verführung referiret, und sich treflich hungrig befunden hatte, also, daß die Leute in selbigem Losament ihr bald was zu essen hatten müssen anrichten, nach welchem Losament sich solche verlohrne Kutsche hingemacht gehabt, wie die Obristin verlohren gewesen, und die Bedienten sie noch immer hin und wieder auf dem Gebirge gesucht hatten.
Rübezahl predigt als Dorf-Vorsteher
Es begiebt sich einsmahls, daß Rübenzahl zu einem Dorf-Priester an einem Freytag in Gestalt eines armen Studenten kommt, und umb eine oder drei Nacht-Herberge anhält, so ihme denn auch nicht versaget worden. Als nun die Essens-Zeit herbei kommen, der Tisch gedecket, und die Speisen aufgesetzt worden, heißet ihn der Priester nebenst seinen eigenen Leuten mit hinzusitzen, bittend, mit der wenigen Speise vorlieb zu nehmen. Worauf er sich nicht lange bedacht, sondern alsbald hinzugegessen, da denn über dem Essen viel Discurse vorgelauffen, unter welchen auch dieses gewesen, da ihn der Priester gefraget, was er studiret, er geantwortet: Theologiam; und sich darneben gerühmet, wie er in zwey Stunden eine gute Predigt verfertigen, und alsbald verrichten könte. Weil denn nun der Priester ein guter fauler Geselle war, denckt er bei sich: Wenn dem also wäre, woltest du ihm freyen Tisch geben, und alles Gutes erzeigen, damit er mein Substitut sein könte. Spricht ihn alßbald an umb die folgende Sonntags-Predigt zu verrichten, welches Rübenzahl mit Hand und Mund versprochen, ihm auch zu mehrerm Glauben von Stund an die Disposition der Predigt vorgesaget, also, daß der Priester nicht anders gemeynt, es wäre ein so gelehrter Studiosus. Des Sonntags nun, als er auf die Kanzel kommet, hebet er so starck an zu predigen, als wenn viel hundert Menschen schrieen, daß alle, so in der Kirche gewesen, auß Furcht und Erschröcknüs haben müssen heraußlauffen, welchen er in weissen Kohr-Rocke nachgefolget, und etliche von denselben weidlich umb den Kirch-Hof gejaget, biß er endlich den Rock außgezogen, solchen hinweggeworfen, und seinen Weg weiter vorgenommen.
Rübezahl tauscht Pferd und Kleid
Es soll ein Rittmeister im Schwedischen Kriege mit Fleis aufs Gebirge geritten sein mit seinem besten Pferde und Habite, hoffend, es werde sich Rübezahl ihm auch gütig erzeigen, also, daß er ein wackers Kleinod darvon trage. Und indem er in solchen Gedancken forttrabet, da war ihm ein wackerer Cavalier mit einem noch schönern Gaul und Kleidung entgegengekommen, drüber sich der Rittmeister gefreuet. Weiter war auch solcher außgemundirter Rübezahl mit seiner Anrede nicht faul gewesen, sondern hatte flugs vom Rittmeister gefraget, sprechend: »Glück zu, Bruder, woher? Haben wir nicht was umbzusetzen mit Pferd und Kleide?« Der Rittmeister hat geantwortet: »Wolan, ich komm auß Schlesien, und wil mich alhier ein wenig erlustiren. Was des Herrn Bruders angebothenen Tausch belanget, so bin ich fertig umbzusetzen.« Und hiemit hat sich ein jeder außgezogen, die Kleider und Pferde verwechselt. Darmit ist Rübezahl abwegs anderswohin geritten, der Rittmeister aber war mit frolockendem Muthe wieder umbgekehret, und hatte nach seinem Quartier zu getrachtet. Wie er aber kaum von der Schnee-Küppe wieder herunter gewesen, da war er inne geworden, daß er, anstatt des erhaltenen köstlichen Kleides, lauter Laub von den Bäumen umb sich gehabt, an statt des Pferdes aber hat er einen großen Prügel unter sich gehabt, darmit hatte er wie ein Halluncke herein gefortisiret, und hatte sich seines Tausches von Hertzen geschämet, indem er auch einen Bauern umb bessere Lumpen, um den Rump zu tun, hat anreden müssen.