In Deutschland findet man nach wie vor viele Menhire, die von Menschen aufgestellt wurden und dazu auch viele große Findlinge, die von der Eiszeit zurückgelassen wurden. Die großen Steine und Formationen werden oft mythisch aufgeladen und finden sich daher sehr oft in den Sagen der jeweiligen Region wieder. In der Regel waren sie früher heilige Steine und wurden entsprechend vereehrt. Mit der Christianisierung kamen dann oft Geschichten vom Teufel dazu um die frühere Wirkung aufzuheben.
Man findet hin und wieder greuliche Steine, worin die Male von Händen und Füßen eingedrückt sind und wovon die Sage ist, dieses rühre von Riesen her, die sich vor Alters damit geworfen, oder darauf gestanden. Ein solcher Stein liegt zu Leipzig beim Kuhthurm am Wege und die Spur einer großen Hand mit sechs Fingern steht daraufgedruckt. Ein anderer großer Stein ist auf dem Wege von Leipzig nach dem Dorf Hohentiegel zu finden, dem Dorfe näher als der Stadt, darauf man ein Schmarre sieht, als wäre sie mit einem Schlachtschwerte eingehauen.
Als Salzwedel vor uralters hart belagert wurde von einem grausamen Feind, der sie doch nicht einbekommen mochte, weil Engel auf der Stadtmauer hin und hergegangen, die Pfeile auffingen und die Stadt behüteten; da erbitterte der Feldherr und wie im Lager ein großer Stein vor ihm lag, zog er sein Schlachtschwert und sprach: „soll ich die Stadt nicht gewinnen, so gebe Gott, daß ich in diesen Stein haue, wie in einen Butterweck.“ Als er nun hieb, gab der Stein nach, als ob er ganz weich wäre. Dieser Stein wurde dem Prätorius an derselben Stelle im Jahr 1649 gezeigt, auf dem Wege zwischen Salzwedel und Tielsen, und er betastete ihn und sah mit eigenen Augen die tiefe Spalte, die er durch die Mitte hatte.
Bei der Mindner Glashütte ist ein Wald, der heißt der Geismar-Wald, da hat vor dem dreißigjährigen Krieg eine Stadt Namens Geismar gestanden. Daneben ist ein anderer Berg, welcher der Totenberg heißt und dabei ist eine Schlacht vorgefallen. Der Feldherr war anfänglich geschlagen, hatte sich in den Geismar-Wald zurückgezogen, saß da auf einem Stein und dachte nach, was zu tun am besten wäre. Da kam einer seiner Hauptleute und wollte ihn bereden, die Schlacht von neuem anzufangen und den Feind muthig anzugreifen, wo er jetzt noch siege, sey alles gerettet. Der Feldherr aber antwortete: „nein, ich kann so wenig siegen, als dieser Stein, auf dem ich sitze, weich werden kann!“ Mit diesen Worten stand er auf, aber seine Beine und selbst die Hand, womit er sich beim Aufstehen auf den Stein gestützt, waren darin eingedrückt. Wie er das Wunder sah, ließ er zur Schlacht blasen, griff den Feind mit frischer Tapferkeit an und siegte. Noch heut zu Tag steht der Stein und man sieht die Spuren darin ausgedrückt.
Am Strand der Saale, besonders aber in der Nähe von Jena, lebte ein wilder und böser Riese; auf den Bergen hielt er seine Mahlzeit und auf dem Landgrafenberg heißt noch ein Stück der Löffel, weil er da seinen Löffel fallen ließ. Er war auch gegen seine Mutter gottlos und wenn sie ihm Vorwürfe über sein wüstes Leben machte, so schalt er sie und schmähte und ging nur noch ärger mit den Menschen um, die er Zwerge hieß. Einmal, als sie ihn wieder ermahnte, ward er so wüthend, daß er mit den Fäusten nach ihr schlug. Aber bei diesem Gräuel verfinsterte sich der Tag zu schwarzer Nacht, ein Sturm zog daher und der Donner krachte so fürchterlich, daß der Riese niederstürzte. Alsbald fielen die Berge über ihn her und bedeckten ihn, aber zur Strafe wuchs der kleine Finger ihm aus dem Grabe heraus. Dieser Finger aber ist ein langer schmaler Turm auf dem Hausberg, den man jetzt den Fuchsthurm heißt.
Nicht weit von Reichenbach, dem hohen Steine gegenüber, in einem Walde liegt der Teufelsstein. Er sieht aus, als wären etliche hundert Karrn Steine kunstreich zusammengeschüttet, indem sich wunderbarlich Gemächer, Keller und Kammern von selbst gebildet, in welchen bei schweren und langen Kriegen die Bewohner der Gegend mit ihrem ganzen Haushalt gewohnt. Diesen Stein soll der Teufel in einer einzigen Nacht, nach der gemeinen Sage, also gebildet haben.
Zu Cöln bei der Kirche liegt ein schwerer Stein, genannt Teufelsstein, man sieht darauf noch die Kralle des bösen Feindes eingedruckt. Er warf ihn nach der Capelle der heiligen drei Könige und wollte sie niederschmettern, es ist ihm aber mißlungen.
Bei Osnabrück liegt ein uralter Stein, dreizehn Fuß aus der Erde ragend, von dem die Bauern sagen, der Teufel hatte ihn durch die Luft geführt und fallen lassen. Sie zeigen auch die Stelle daran, in welcher die Kette gesessen, woran er ihn gehalten, nennen ihn den Süntelstein
Auf dem Domplatz zu Halberstadt liegt ein runder Fels von ziemlichem Umfang, den das Volk nennet den Lügenstein. Der Vater der Lügen hatte, als der tiefe Grund zu der Domkirche gelegt wurde, große Felsen hinzugetragen, weil er hoffte, hier ein Haus für sein Reich entstehen zu sehen. Aber als das Gebäude aufstieg und er merkte, daß es eine christliche Kirche werden würde, da beschloß er, es wieder zu zerstören. Mit einem ungeheuern Felsstein schwebte er herab, Gerüst und Mauer zu zerschmettern. Allein man besänftigte ihn schnell durch das Versprechen, ein Weinhaus dicht neben die Kirche zu bauen. Da wendete er den Stein, so daß er neben dem Dom auf dem geebneten Platz niederfiel. Noch sieht man daran die Höhle, die der glühende Daumen seiner Hand beim Tragen eindrückte.
Nicht weit von Altenburg bei dem Dorfe Ehrenberg (Thüringen) liegt ein mächtiger Stein, so groß und schwer, daß ihn hundert Pferde nicht fortziehen würden. Vorzeiten trieb der Teufel sein Spiel damit, indem er ihn auf den Kopf sich legte, damit herumging und ihn als einen Hut trug. Einmal sprach er in Stolz und Hochmuth: „wer kann wie ich diesen Stein tragen? selbst der ihn erschaffen, vermags nicht und läßt ihn liegen, wo er liegt!“ Da erschien Christus der Herr, nahm den Stein, steckte ihn an seinen kleinen Finger und trug ihn daran. Beschämt – und gedemüthigt wich der Teufel und ließ sich nie wieder an diesem Orte erblicken. Und noch heute sieht man in dem Stein den Eindruck von des Teufels Haupt und von des Herrn Finger.
Original: Deutsche Sagen der Brüder Grimm von 1816