Inhaltsverzeichnis
Name und Ursprung der Stadt Dresden
Dresden soll von einer römischen Colonie herrühren, die Drusus Germanicus auf dem Taschenberg, damals einem durch Kunst gemachten Hügel, von dem noch jetzt das von der Schloßgasse nach dem Zwinger führende Gäßchen den Namen hat, angelegt habe. Sein Name soll entweder aus den Worten Tropaea Drusi (die Siegeszeichen des Drusus) oder den drei Seen, welche früher hier waren, nämlich dem Jüdenteich, der Entenpfütze und dem eigentlich so genannten, später völlig ausgeschütteten See, der sich in einen Ober- und Untersee teilte und von dem noch die Seegasse, die große und kleine Oberseergasse und die sogenannte Gasse am See ihren Namen haben, benannt worden sein.
Schäfer, Städtewahrzeichen (Lpzg. 1858) Bd. I. S. 65. leitet den Namen mit Recht aus den Slavischen Trasi Fähre oder Drazdonedz Steuererhebeort her, s.a. Obermüller, Kelt. Wtbch. Bd. I. S. 405.
Ein Priester zu Dresden hat ein Gesicht.
Ein gewisser Presbyter zu Dresden, wahrscheinlich Albert, Pleban der früher auf der Elbbrücke befindlichen Alexiuscapelle, sah in der Christnacht am Himmel den Mond wunderbar schön glänzen, und wie er ihn nun so bewunderte, da ward derselbe zu einem Fische, fiel vom Himmel herunter und verschwand. Darauf kam von Abend her ein neuer weit größerer Mond, der stand über Böhmen und Meißen und schien so herrlich und glänzend, daß die Bauern auf’s Feld zum Ackern und Pflügen hinaus fuhren. Dies bedeutete, daß das folgende Jahr Friede zwischen Wenzel III. von Böhmen und Kaiser Albrecht werden sollte (1305).
Die Entstehung der Kreuzkapelle
Im Jahre 1236, als Markgraf Heinrich von Meißen die Herzogin Constanze von Oesterreich heirathete, brachte diese ein Stück des heiligen Kreuzes mit gen Dresden, wodurch Dresdens Volksmenge bedeutend wuchs und dasselbe, da auch bei der Marienkirche ein wächsernes wunderthätiges Marienbild viel Zulauf verursachte, ganz in den Geruch der Heiligkeit kam. Endlich ist 1299 ein hölzernes Kreuz auf der Elbe geschwommen gekommen und, als es hier gelandet, in jubelreicher Prozession in die Kreuzkirche getragen worden. Später hat die Jungfrau Maria hier unzählige Wunder getan und deshalb ist derselben vom Papst Bonifacius IX. ein 100tägiger Ablaß (1400) gewährt worden.
Der Hahn und die Oelgötzen an der Kreuzkirche
Außer dem 1720 überweißten, in Fresco gemalten Großen Christoffel neben der erwähnten verteufelten Orgel gab es jedoch für die Handwerksburschen sonst noch zwei andere Wahrzeichen in der Kreuzkirche, nämlich den an dem sogenannten Wendelsteine, in einer runden Füllung an der Treppe zum Kreuzthurme ausgehauenen steinernen Hahn, dessen Schrei bekanntlich böse Geister verscheuchen soll, und den bis zum J. 1760 erhaltenen sogenannten Oelberg, der außerhalb der Kirche zwischen der großen Halle und dem Turme in einem steinernen mit Kupfer gedeckten, 4 Ellen langen und 21/2 Ellen tiefen Anbau aufgestellt war. Er enthielt die lebensgroßen Figuren Christi und der drei schlafenden Jünger bei der Oelkelter (Gethsemane); allein seit der Reformation nannte das Volk diese Figuren spottweise die Oelgötzen.
Uebrigens scheint es sonst überhaupt in der Kreuzkirche nicht geheuer gewesen zu sein, wenigstens finden sich im K.S. Hauptstaatsarchiv Registraturen »wegen desjenigem Weinens und Heulens, so den 21. Junius 1698 zu Abend in der Kreuzkirche allhier soll sein gehört worden.« Einer der Zuschauer will durch ein Fenster in die Kirche geblickt und ein großes weißes Ding, wie ein Rad gestaltet, sich aus dem Schiff nach dem Altar zu haben hinkollern sehen.
Der heilige Benno löscht ein Feuer
Im Jahre 1487 ist in Dresden ein großes Feuer aufgegangen und haben schon 18 Häuser in Flammen gestanden, da hat eine rechtschaffene Frau aus der Nachbarschaft, deren Haus gerade hat anbrennen wollen, um Hilfe zum h. Benno gerufen, und siehe das Feuer blieb stehen und hörte auf zu wüten.
Vom Brückenmännchen
Der Baumeister der steinernen Elbbrücke zu Dresden, Matteo Foccio (um 1265) ein Italiener, vom Dresdner Volke Matz Votze genannt, hatte sich am fünften Pfeiler der Elbbrücke linker Hand in kauernder Stellung mit untergestemmten Armen und tief in die Augen gezogenem Mützchen abbilden lassen. Dies war das sogenannte Brückenmännchen, ein Wahrzeichen von Dresden. Es flog bei der Sprengung der Dresdner Brücke durch Davoust (19. März 1813) mit in die Luft, fand sich aber, nachdem man nach einer Zeichnung ein neues hatte machen und an die Stelle des alten setzen lassen, unter dem Schutte wieder, und man stellte es dann linker Hand in der Quermauer, da wo die Kaitzbach in die Elbe fällt, wieder auf.
Der Stein auf der Brücke
Wenn man früher von Altstadt nach Neustadt ging, sah man rechter Hand einen 3 Ellen langen und 31/4 Elle breiten Stein, der auf einer runden Scheibe ein in der Mitte geteiltes Schild zeigte, in dessen oberem Theile ein Schneckenhaus, im untern aber zwei schräg gestellte Balken zu sehen waren, auf deren einem die Buchstaben D.O.D.A., (d.h. ich gebe, gieb Du auch, oder: wie Du mir, so ich Dir) über dem Schilde die Buchstaben M.H.L., über der Fläche des ganzen Steins aber in römischer Schrift: Anno MDXLVII und darunter mit etwas kleinerer Schrift die Worte: Domus Amica Domus Optima (das befreundete Haus die beste Wohnung) zu lesen waren. Die Buchstaben M.H.L., bedeuteten den Namen des damaligen Brückenmeisters: »Martin Heußler,« Licentiat, welcher dieses Monument zum Andenken an die politischen Verhältnisse Sachsens in jener Zeit hatte setzen lassen.
Kaplan Crosner prophezeit Emsern den Tod
Herzog Georgs von Sachsen Hofkapellan Alexius Crosner, von seinem Geburtsort auch M. Colditz genannt, war bei seinem Herrn in Ungnade wegen seiner Zuneigung zum Lutheranismus gefallen und erhielt deshalb seinen Abschied (1526); da begegnete ihm, als er seine Bücher und Hausrath auflud, Luthers Todfeind, H. Emser zu Pferde und sprach zu ihm: diesen Tag sehe ich mit Freuden, ich habe Deiner ein Ende erlebt, Du mußt in Teufels Namen davon, ich bleibe hier. Alexius aber antwortete ihm freundlich: ei, Herr, in Gottes Namen wäre auch ein Wort, ich bin in Meißen gewesen eher als Ihr, werde auch drinnen bleiben, wenn Ihr weg seid. Siehe was geschieht! Als Emser des Abends ein Bankett hält und sich dabei etwas übernommen hat, setzt er sich plötzlich auf seinen Stuhl, macht schreckliche Geberden und stirbt dahin.
Woher die Martersäulen auf der Dresdner Brücke gekommen, und von andern ähnlichen Kreuzen in der Stadt
Früher standen auf der rechten Seite der großen Dresdner Brücke zwei steinerne Säulen, auf denen das Leiden Christi in Stein gehauen war. Von diesen war die eine, so 1515 gesetzt wurde, zum Andenken an einen dort umgekommenen Menschen aufgerichtet, die andere ältere (von 1499) zum Andenken an eine große Wasserfluth, bei der eine Karausche oder Barbe aus dem Wasser bis auf die Brücke gesprungen war. Selbige war auch auf der Säule auf einem Wappenschilde ausgehauen, wenn dieses nicht vielleicht das Wappen der Karrasse ist, das jenen Fisch führt.
Dergleichen Martersäulen gab es aber früher noch mehrere in Dresden, so eine bei der Frauenkirche, eine andere, wo später das schwarze Thor war, und drei auf dem sogenannten Sande an der Stolpner Straße, auf denen Christus und die zwei Schächer abgebildet waren und zu welchen von der Kreuzkirche aus gerechnet es genau dieselbe Entfernung des Weges sein sollte, welchen unser Heiland von dem Richthause des Pilatus bis nach Golgatha zu gehen gehabt.
Der Mönch auf dem Frauenkirchhof
Unter den Leichensteinen des alten Kirchhofs der Frauenkirche befand sich auch einer mit der Abbildung eines alten Klerikers von 1388, genannt der Mönchsstein, unter dem jener spukhafte Mönch gelegen haben mag, der noch in späterer Zeit in dem Garten des Palais des hochsel. Prinzen Max in der Ostraallee (in der Nähe des Vogelherds) und in dem sonst zur Johanniskirche gehörigen, jetzt säcularisirten und mit den Häusern des Johannisplatzes bebauten Kirchhofe, den Kopf unter dem Arme, herumgehen soll. Ob er aber gleichbedeutend mit dem gespenstigen Leichenbitter bei dem Kirchenborn in der Altstadt Dresden, mit dem nachher zu erwähnenden Dresdner Mönche und dem bei dem Keller des ehemaligen Augustinerklosters allda mit einer Kanne unter dem Arme und einem Schlüsselbunde in der Hand sich zeigenden Mönch ist, weiß ich nicht.
Der Queckbrunnen
Zwischen der Gerbergasse und dem Eingang zur Grünen Gasse vor dem jetzigen katholischen Waisenhause befindet sich noch heute ein Brunnenhäuschen, dessen Spitze ein Klapperstorch ziert, und welches der Queckborn heißt, und von dem ein Sprichwort sagt, daß der Storch aus ihm die Kinder hole. Nach diesem ist schon um 1514 häufig gewallfahret worden, weil die Sage ging, daß, so eine unfruchtbare Frau von seinem Wasser tränke, diese durch die Gnade der h. Jungfrau mit Kindern gesegnet würde. Darum hat der Bischoff Johann von Meißen im J. 1512 die Erlaubniß zum Bau einer Wallfahrtscapelle zu Unserer lieben Frauen Queckborn erteilt, welche jedoch später wieder einging, insofern der Zudrang der Gläubigen dahin so stark war, daß die übrigen Kirchen, besonders die Kreuzkirche, weil ihre Einkünfte dadurch geschmälert wurden, zu Rom um Aufhebung derselben einkommen mußten. Der Name Queckborn bedeutet übrigens soviel, als Lebensborn (von Queck = lebendig), nicht aber Viehborn, wie man ihn der Nähe der frühern Viehweide (jetzt Schützenplatz genannt) wegen hat deuten wollen. Der Brunnen selbst ist übrigens jetzt noch gangbar.
Eine Hexe wird zu Dresden verbrannt
Am 20. Julius des Jahres 1585 ist vor dem Wilsdruffer Tor zu Dresden eine Zauberin, Namens Helene Wiedemannin, verbrannt worden, welche vorher in der Tortur und auch sonst gütlich gestanden, wie sie in ihrer Jugend von einem Mönch zu Camenz die Zauberkunst gelernet und dieselbe 27 Jahre lang getrieben; unter andern hätte sie Hannsen von Taubenheim zu Noschkowitz, welcher bei Churfürst August, um des von seinem Weibe getriebenen unfertigen Wesens Willen, in Ungnade gekommen, durch Zauberei wieder zu Gnade zu bringen sich beflissen. Auch hätte sie bekannt, es wäre durch sie ein Weib zu Sebnitz, die Peter Hellin oder Strobischen genannt, geringer Ursachen und um Feindschaft wegen dermaßen bezaubert worden, daß sie vier stumme Kinder durch Gottes Verhängniß nach und nach zur Welt gebracht, wie sich es dann auch in der Erkundigung also befunden. (S. unten S. 124.)
Die Gans auf der großen Brüdergasse
An dem zweiten Stocke des Eckhauses der großen Brüdergasse Nr. 7 ist eine fliegende Gans in Stein gehauen mit der angeblichen Unterschrift: Diese Gans hat VII Personen getoedtet. Man erzählt, daß eine Magd im 15. Jahrhundert eine zum Braten fertige und ausgenommene Gans in den Keller gesetzt, eine Kröte (oder Ratte) sei hineingekrochen und am andern Tage, ohne daß es Jemand bemerkt, mitgebraten worden. Die ganze Familie nebst der Magd hat nun davon gegessen und ist noch denselben Tag plötzlich gestorben. Man zeigte ehemals in der großen Halle der Sophienkirche ein sogenanntes Pöllnitzesches Grabmal in Form eines hohen steinernen Bettes, in dem zwei in Lebensgröße ausgehauene Personen lagen, und es berichtete die Sage, daß das Grabmal sich auf jene Familie, die den Namen Schwalbach geführt, bezogen habe. Indessen hat neuerdings Hr. Schäfer die Sache in Abrede gestellt und die Gans für einen Adler erklärt (!) und bemerkt, daß die um das Bild laufende Inschrift laute: DER. ADLER …. GENIME …. DEM. HEBT. VND. IHN. IN. HIMEL. HINAVF. TRÆGT MDLXIII.
Das Weiberregiment
Früher stand in der Moritzstraße unten quer vor ein Haus, über dessen Tür in Stein gehauen zu sehen war ein Mann, der auf Händen und Füßen kroch; auf diesem saß ein junges, schönes Frauenzimmer, welche ihn durch einen ihm in den Mund gelegten Zaum lenkte und vermittelst einer Karbatsche antrieb. Es ist dies die bekannte mittelalterliche Geschichte vom Philosophen Aristoteles, die man sehr oft auf Elfenbein- und Holzschnitzwerken abgebildet findet. Bei Erneuerung des (Kreyßig’schen) Hauses (gr. Schießg.) Nr. 10 ward es abgebrochen und über den Eingang in den Voglerschen (v. Reibold’schen), jetzt mit Häusern bebauten Garten an der linken Ecke der Großen und Kleinen Ziegelgasse aufgestellt. Dieses Bild nannte man das Weiberregiment, allein seit 1756 ist es von da auch weggekommen, wohin, weiß man nicht.
Ein Franzose, der Trouvère Henri d’Andeli, dichtete sie um als Lay d’Aristote (bei Méon, Fabl. T. III. p. 96 m. Abbild.), ebenso ein deutscher Minnesänger des 13. Jhdts. als »Aristoteles und Phyllis« (bei Hagen, Gesammtabenteuer Bd. I. S. 17). S.a. Dunlop, Gesch. d. Prosadicht. v. Liebrecht S. 483. Nr. 253) u. Hagen Bd. I. S. LXXV. Ich besitze einen alten italienischen Holzschnitt aus der ersten Hälfte des 16. Jhdts., darauf ist ein griechischer Krieger abgebildet, der auf allen Vieren kriecht, während eine mit einer Geisel (in griechischer Frauentracht) bewaffnete Frau, aus seinem besattelten Rücken sitzend, ihn mit dem aus seinem Munde gehenden Zaume regiert. In der Luft schwebt Amor, seinen Pfeil nach ihm zu schießend. Auf einer bandartigen Rolle über dem Bilde stehen folgende drei Verse:
Amor crudel con la sua uolia praua
Fe adar istil portar freno e sella
Et una gioueneta il caualcaua,
und unter dem Bilde der Reiterin ein vierter:
Pazz’e chi fuggir crede il crudo strale.
Zuweilen wird dieselbe Geschichte vom Hippokrates erzählt. Die älteste Quelle derselben ist die 6te Erzählung des IVten Buches des altindischen Sanskritmärchenbuches Pantschatantra (s. Bensey, Pantschatantra. Lpzg. 1859. Bd. I. S. 461 flgg.), welche wiederum ihren Ursprung auf eine chinesisch-buddhistische Legende zurückführt.
Der goldne Rabe auf der äußern Pirnaischen Gasse
Ueber der Tür des linker Hand auf der äußern Pirnaischen Gasse unter Nr. 18 befindlichen Hauses sieht man noch heute einen goldenen Raben, der einen Ring im Schnabel trägt. Nach Hasche (Beschr. v. Dresden Bd. I. S. 412) soll ein früherer Besitzer hiermit blos eine Anspielung auf seinen Namen beabsichtigt haben, allein das Volk erzählt sich, daß einst ein Unschuldiger wegen eines angeblich hier in diesem Hause begangenen Diebstahls eines Ringes ergriffen und hingerichtet worden sei, während sich doch später gefunden habe, daß der zahme Rabe des Eigenthümers der Urheber der Missethat gewesen: jener habe nun zur Erinnerung an diese traurige Begebenheit den Raben mit dem Ringe an seinem Hause abbilden lassen.
Der wohlthätige Brunnen bei der heiligen Bartholomäuskapelle
Auf dem Freiberger Platze befand sich früher ein Hospital für alte Weiber, genannt zum h. Geist oder h. Bartholomäus (neben dem Findelhaus), welches schon um 1337 bestanden haben muß. In dem dazu gehörigen Garten war ein Quell, der die Gicht heilen konnte: wenigstens soll ein gewisser Nicolaus (Plate), Titularbischoff von Constantz, früher Abt zu Zinna bei Jüterbogk, sich hier niedergelassen und den vollkommenen Gebrauch seiner Glieder, welchen er verloren hatte, blos durch den Gebrauch dieses Wassers wieder erlangt haben. Er ist hier 1391 begraben worden, ist jedoch nicht der Stifter des Hospitals gewesen, wie die Sage berichtet. Ueber dem steinernen Portale stand früher die Figur des h. Bartholomäus aus Sandstein, die, von den Hussiten herabgestürzt (1429), lange in einem Winkel der Kirche am Altare lehnte, von dort aber sich nicht wegbringen ließ, sondern immer wieder zurückkehrte. Es war dieses das sogenannte »Geestmännel«. Ein anderes Wahrzeichen hier war die an der Straßenmauer links vom Kirchlein stehende bedeckte Stein- oder Pestkanzel, auf der 1539 Luther gepredigt haben soll.
Das Trompeterschlößchen
Auf dem Dippoldiswaldaer Platz bildet die Ecke der großen Oberseergasse und Reitbahngasse ein Gasthof, genannt das Trompeterschlößchen, wo an der abgeschnittenen Ecke am zweiten Stock ein vergoldeter Trompeter zu Pferde abgebildet ist mit der Unterschrift:
Trompeterschlößchen nennt man mich,
Des Krieges Wuth empfand auch ich,
Es warf mich unverhofft ein tötend Feuer nieder,
Allein ich stehe nun durch Gottes Gnade wieder. 1764.
Der Platz dieses Hauses war schon 1451 mit dem Jakobshospital überbaut, und später hielt die Garde du Corps hier ihre Fahnen- und Arrestantenwache. Indeß kann das Haus offenbar von diesen seinen frühern Bewohnern nicht erst den Namen Trompeterschlößchen erhalten haben, sondern derselbe muß älter sein, wie auch schon aus dem obenstehenden Reim hervorgeht. Die Sage erzählt uns also darüber folgende merkwürdige Geschichte.1
Vor langen Jahren lagen auf der Fläche, wo sich jetzt das herrliche Dresden an den beiden Ufern der Elbe ausbreitet, nur zwei kleine Dörfchen, deren Einwohner sich kümmerlich vom Fischfange nährten und von deren Dasein jetzt nur noch der Name der Fischergasse in der Altstadt und des sogenannten Fischerdorfs in der Wilsdruffer Vorstadt Zeugniß giebt. Rings um dieselben war sonst ein dichter Wald und Alles gehörte den mächtigen Burggrafen von Dohna, die hier auch ein Jagdschloß erbaut hatten, welches sie zuweilen zu bewohnen pflegten, um hier dem Waidwerk und[97] andern Lustbarkeiten obzuliegen. Mit der Zeit wuchsen aber jene kleinen Dörfer so an Umfang, daß bald der ganze Raum, der früher zwischen ihnen und dem genannten Jagdschlosse existirt hatte, angebaut war. Aber auch die Burggrafen von Dohna waren immer mächtiger geworden, und so kam es, daß sie sich nicht mehr begnügten, mit ihren Nachbarn, deren keiner ihnen die Spitze bieten konnte, in ewigem Kampfe zu liegen, um sich durch deren Besitzungen zu bereichern, sondern sich sogar gegen ihren Lehnsherrn, den König Bogislaus (II.?) von Böhmen, auflehnten. Allein dies bekam ihnen schlecht, derselbe zog mit großer Heeresmacht gegen sie, schlug sie im offenen Felde, brach ihre Burgen und verteilte ihre Güter an seine Günstlinge und Vasallen. Seit dieser Zeit stand auch jenes Jagdschloß leer und ward, da Niemand sich um dasselbe zu kümmern schien, zur Ruine. Nun ging aber durch jene Dörfer eine sehr besuchte Heerstraße nach der hölzernen Elbbrücke, welche die Burggrafen von Dohna schon um 840 gebaut haben sollen, auch dort ihr Wappen, zwei über einander geschrenkte Hirschstangen aufgestellt hatten und einen Zoll von ihr erhoben, und so kam es, daß in den Dörfern viel Einkehr war, da viele Fuhrleute hier des Nachts rasteten und erst am andern Tage die Elbe überschritten. Da war auch besonders ein Wirth mit Gästen gesegnet, so daß sein Haus bald zu klein für die zahlreichen Besucher ward und er manchen Fremden, von dem er sich einen guten Gewinn versprach, abweisen mußte. Dies wurmte aber den habsüchtigen Schenkwirth sehr, und darum fand der Rath eines Nachbarn, er möge doch versuchen, das ihm gegenüberliegende, unbenutzt stehende, verfallende geräumige Jagdschloß von dem jetzigen Herrn des Waldes zu erwerben und seine Wirthschaft dahin zu verlegen, bei ihm günstiges Gehör. Er begab sich auch sofort nach Lohmen, wo derselbe hauste, erkaufte das Schloß für einen sehr billigen Preis, und rastete auch keinen Augenblick, bis dasselbe wieder in gutem Stande und zur Aufnahme möglichst vieler Gäste eingerichtet war, so daß er bald den Einzugsschmauß daselbst halten konnte. Den Tag vorher mußte er aber leider von dem boshaften Nachbar hören, daß er nur darum so billig zu dem Hause gekommen sei, weil es darin umgehe und Niemand von den bösen Geistern, die hier ihren Wohnsitz aufgeschlagen, gelitten werde. Indeß ließ sich der neue Eigenthümer das wenig anfechten, hielt seinen Einzugsschmauß und setzte sowohl hier, als in seiner alten Wirthschaft, die er zur Aushilfe ebenfalls beibehalten hatte, so viele Gäste als er nur konnte, und lange hörte man nichts von Spuk oder Gespenstern. Da trug es sich eines Tages zu, daß ein Ritter mit seinem Knappen noch Aufnahme verlangte, als beide Häuser schon völlig mit eingekehrten Fuhrleuten angefüllt waren. Unser Wirth erklärte ihm daher, er vermöge ihm kein besonderes Gemach mehr zu geben, es sei denn daß er in einem alten Saale bleiben wolle, der voll werthlosen Gerülles sei und zugleich als Getreideboden benutzt werde. Der Ritter, der bei sinkender Nacht nicht weiter wollte, auch froh war, ein Plätzchen zum Ausruhen von langer Reise zu finden, willigte ein, und so führte ihn denn sein Wirth, nachdem er ein gutes Abendbrod zu sich genommen, hinauf in den Saal, ließ ihm eine Lampe zurück und ging seines Wegs. Freilich gefiel dem Ritter jetzt das gewählte Schlafzimmer nicht besonders, allein was half’s, er mußte gute Miene zum bösen Spiele machen; er warf sich also auf das ihm bereitete Lager, ohne jedoch die Lampe auszulöschen, und schlief, da er nach verschlossener Thür vor jeder Störung sicher zu sein meinte, ruhig ein. Plötzlich wachte er von einem ihm unerklärlichen Lärmen auf, er vernahm ein Laufen, Scharren und Poltern auf der Treppe und an der Tür, daß es ihm ganz ängstlich zu Muthe ward und er sein Schwert ergriff, um jeden unberufenen Eindringling damit muthig zu bekämpfen. Siehe da stand plötzlich eine in ein Leichentuch gehüllte Gestalt vor ihm, die ihn mit hohler Stimme fragte, ob er zum Tanze aufspielen könne, und als der Ritter diese Frage für Spott haltend dem gespenstigen Besucher mit seinem Schwerte drohte, so berührte ihn dieser mit kalter schwerer Totenhand, daß er sich nicht rühren[99] konnte, fragte ihn noch zum zweiten und dritten Male dasselbe, und als er endlich mit Nein antwortete, so ging der Geist traurig von dannen. Mittlerweile verlor sich zwar der Lärm und das Poltern, aber der Ritter hielt es auch keine Minute länger zwischen den vier unheimlichen kahlen Wänden des düstern Saales aus, er eilte die Treppe hinab, rief den Wirth und die schlafenden Gäste wach und erzählte, was ihm begegnet war. Nichts half es, daß jener betheuerte, noch nichts von solchem Spuk vernommen zu haben, alle seine Gäste brachen auf, und wollte er nicht allein in dem Gespensterschlosse bleiben, so mußte er ihnen wohl folgen. Er zog also wieder in sein altes Haus zurück und mußte froh sein, daß wenigstens hier noch der alte lebhafte Verkehr blieb, denn in das andere brachte er Niemand mehr, zumal da einige muthige Burschen, welche es über sich genommen hatten, das Schloß zu durchsuchen, ob nicht etwa lebendige Geister dasselbe bewohnten, als sie in einen unbenutzt gebliebenen Keller gekommen und darin eine bisher noch nicht gesehene Tür entdeckt hatten, die sich jedoch nicht öffnen ließ, zwar die Keckheit gehabt hatten, dieselbe einzuschlagen, aber auch, ehe sie noch in den von derselben verdeckten Raum eingetreten waren, eine schwarze Gestalt auf sich zukommen sahen, die ihnen bei ihrem Leben gebot, sich zu entfernen und nicht die Ruhe der hierher gebannten abgeschiedenen Seelen zu stören. So blieb das Spukhaus manches Jahr lang unbewohnt und verlassen stehen und sein Besitzer ärgerte sich, wenn er es ansah, denn Alles, was er für dasselbe gezahlt und hineingewendet hatte, war verloren, da Niemand es kaufen wollte und er selbst doch auch keinen Gebrauch davon machen konnte. Da begab es sich eines Tages, daß das Wirthshaus wieder von oben bis unten mit Gästen gefüllt war und der Wirth alle, die noch um Herberge baten, fortschicken mußte. Endlich kam auch ein Trompeter des Wegs geritten, der einsprechen wollte und sich nicht abweisen ließ, sondern für sich und sein totmüdes Roß Labung und Aufnahme verlangte. Nichts half es dem Wirth, daß er seinem neuen Gaste die Unmöglichkeit[100] seines Verlangens vordemonstrirte, derselbe bestand darauf hier zu bleiben, und endlich meinte jener, er könne ihm wohl noch ein Plätzchen zum Ausruhen anbieten, allein dies sei im Spukhause; wenn er sich vor Geistern nicht fürchte, so möge er dort bleiben. Der muntere Trompeter ließ sich vorerst die ganze Geschichte erzählen, lachte sich eins und sagte zuletzt, an Geister glaube er nicht, die Toten kämen doch nicht wieder, und vor lebenden Störern solle ihn sein Schwert schützen, der Wirth möge ihm nur ein Fäßchen seines besten Bieres geben, ihm ein Lager zurecht machen lassen und mit Licht versehen, so sei er bereit, allein in dem öden Schlosse zu übernachten. Obwohl ihn nun der Wirth nochmals gewarnt und ihm zugleich auch die Versicherung gegeben hatte, daß, wenn er einmal das Schloß betreten habe, er auch vor Tagesanbruch nicht wieder herausdürfe, so ließ er sich doch nicht irre machen, sondern forderte den Wirth auf, ihm das Versprochene zu geben und ihn sodann in den gespenstigen Saal zu bringen. Jener ließ sich auch bereit finden, trug ihm ein bequemes Ruhebett, Bier und Licht hinüber, verschloß aber, nachdem er ihm gute Nacht gewünscht, das Schloß, und so sah sich der Trompeter bald allein. Nachdem er sich in dem Saale umgeschaut, die Türn, wie er meinte, fest verschlossen, ja zu besserer Sicherheit mit altem Gerülle, das er hier fand, verrammelt hatte, warf er sich auf sein Lager, um zu schlafen. Allein sei es, daß er zu ermüdet, oder doch etwas aufgeregt war, der Schlaf wollte nicht kommen, er mochte sich bald auf diese und bald auf jene Seite legen. Er stand also wieder auf und nahm seine Trompete zur Hand, um sich mit Blasen die Zeit zu vertreiben. So kam die Mitternacht heran, und noch hatte sich im ganzen Hause kein Laut hören lassen, siehe, da ertönte auf einmal mit dem Schlage zwölf von unten herauf ein immer lauter und näher kommendes Getöse, die Schritte vieler Personen schallten die Treppe herauf, lautes Geräusch ließ sich vor dem Saale hören, und wie der Trompeter eben aufspringen wollte, um dem Spuke entgegenzugehen, da sprangen die Türn von selbst auf, und herein traten zwölf Paare von Totengerippen, die Leichentücher um ihre nackten Gebeine geschlagen. Sie zogen hinter einander mehrmals in dem Saale herum und schienen sich zuweilen förmlich nach einem gewissen Tacte zu bewegen. Da ward dem Trompeter ganz ängstlich zu Muthe, er wußte nicht, was er machen sollte, griff fast unwillkürlich zu seinem Instrumente und begann ein lustiges Stücklein zu blasen. Das schien den unheimlichen Besuchern sehr zu gefallen, sie nickten ihm Beifall zu und begannen sich nach der Musik herum zu drehen. Der gezwungene Musiker blies nun wacker darauf los, aber je schneller er blies, desto rasender flog der gespenstige Reigen, und als er endlich erschöpft aufhören wollte, da machten ihm die höllischen Tänzer so drohende Zeichen, daß er alle Kräfte sammelte und ein Stück nach dem andern aufblies. Endlich, eben wie er daran war, vor Ermüdung umzusinken, da hörten die tollen Tänzer plötzlich von selbst auf, einer aus ihrer Mitte trat zu ihm heran und sprach: »Fremdling, wir danken Dir, Du hast durch Dein Blasen die Bedingung erfüllt, welche allein es uns gestattet, zum ewigem Schlaf einzugehen; von dieser Stunde an werden die Räume dieses Hauses von uns nicht mehr unsicher gemacht werden.« Bei diesen Worten schlug es Eins, und in demselben Augenblick stürzten auch sämmtliche Knöchler in Staub zusammen; aber auch der Trompeter verlor das Bewußtsein und erst das durch die Fenster dringende Sonnenlicht weckte ihn aus seiner Betäubung. Das Erste aber, was er that, als er wieder zu sich kam, war, daß er aus voller Brust zum geöffneten Fenster hinaus ein frommes Danklied zu dem hinaussendete, der ihn in dieser Nacht so wunderbar in seinen Schutz genommen. Das Trompetengeschmetter weckte aber den Wirth und seine Gäste im alten Hause aus dem Schlafe, Alle eilten herbei, um den von ihnen schon totgeglaubten Geisterverächter zu sehen, und als derselbe nun das Geschehene berichtet und das Häuflein Asche die Wahrheit der Erzählung bezeugt hatte, da wußte sich der Wirth vor Freude kaum zu lassen und bot dem Trompeter an, so lange er lebe, bei ihm zu bleiben und auf seine Kosten zu leben. Der aber nahm es nicht an, sondern beanspruchte nur sein Fäßlein Bier als sauer verdienten Lohn, der dankbare Wirth jedoch gab ihm nicht blos den versprochenen Preis, sondern auch noch ein tüchtig Stück Geld, damit er sich in seiner Heimath ein sorgenfreies Loos gründen könne. Zum Andenken aber ließ er das Bild des Trompeters in Stein hauen und in die obere Wand des nun wieder bewohnbaren Hauses setzen, welches von dieser Zeit an bis auf heute noch davon das Trompeterschlößchen genannt wird.
Der Dresdner Mönch
Wie die weiße Frau im Schlosse zu Berlin stets durch ihr Erscheinen den Tod eines Fürsten aus dem Hause Hohenzollern verkünden soll, so sollen sich nach der Volkssage auch ähnliche Vorbedeutungen bei einem dem sächsischen Fürstenhause drohenden Todesfalle zeigen. In Weimar erblicke man z.B., so berichten viele Schriftsteller, so oft jemand der durchlauchtigsten Fürsten aus dieser Linie das Zeitliche segnen wolle, ein Licht.1 In Dresden soll früher, so oft ein grauer Barfüßer-Mönch sein abgehauenes Haupt unter den Arm und eine brennende Laterne in der Hand tragend auf dem Walle der Dresdner Bastei und an derjenigen nach der Elbe gelegenen Stelle der frühern Festungswerke, welche die Jungfer oder das grüne Haus genannt ward, sich sehen ließ, dies den Tod eines Gliedes der churfürstlich sächsischen Linie angezeigt haben. Dieser Mönch war angeblich früher zweimal an dem obersten Simms des Hauptthurms der alten Kreuzkirche an den zwei Ecken der nach dem Walle zugehenden Seite in Stein gehauen; weil aber auf der nach der Seite der Stadt zugewendeten Ecke das Bildniß Christi angebracht war, so dachte man sich unter diesen beiden Mönchsgestalten auch den Teufel und seine Großmutter. Gewöhnlich kam er aus dem sogenannten Mönchsbrunnen auf dem Wilsdruffer Walle heraus, der bis 1726 gestanden hat. Den 22. April 1694 hat er sich auch im königlichen Schlosse als Anzeichen eines hohen Todesfalls sehen lassen (Johann Georg’s IV.); aber auch am 3. October 1698 hat er die Wachen an den Torn von Altdresden geplagt und erschreckt, so daß sie sich von allen Posten einander zu Hilfe riefen und ein Soldat sich nur dadurch mit Mühe von dem Herabgeworfenwerden in den Graben schützen konnte, daß er sich am Schilderhause festhielt. Den Lieutenant, der die Runde getan, hat er ebenfalls attakirt, dieser hat aber die Pike gefällt, worauf das Gespenst unsichtbar ward. Hierauf ist ein solcher Lärm entstanden, daß man die Trommel rühren und Niemand mehr die Wache verrichten wollte, wie aus den im Regimentshause an diesem Tage getanenen Aussagen hervorgeht. Das Volk erzählte sich damals, jener Mönch habe einst die beiden Brüder Churfürst Moritz und August an der Stelle, wo jetzt das Moritzmonument steht, und die davon früher die Horche hieß, behorcht und sei zur Strafe dafür geköpft worden; erscheine aber seitdem als ein der churfürstlichen Familie Unglück verkündender Spukgeist. Ja man dachte sich sogar unter dem Bilde des Gott Vater unter dem Architrav dieses 1553 von Churfürst August auf dem sogenannten Hasenberge errichteten allegorischen Monumentes jenen spukhaften Mönch. Nach einer andern Sage (b. Lothar, Volkssagen. Leipzig 1820 S. 87) wäre aber dieser (graue oder braune) Mönch, der klein von Gestalt und sehr friedsam gewesen, übrigens nur die, so ihn geneckt, bestraft hätte, auch zu andern Gelegenheiten häufig im königlichen Schloß sichtbar gewesen. So habe einst ein Churfürst einen Diener in ein bestimmtes Zimmer geschickt, um etwas zu holen, da habe dieser den grauen Mönch an einem Tische sitzen und schreiben sehen, erschrocken sei er zurückgeeilt und habe seinem Herrn, was er gesehen, gemeldet, der Churfürst sei schnell ohne Begleitung an denselben Ort gegangen, habe auch den Mönch noch schreibend gefunden und ihn gefragt: »was machst Du hier?« Der aber erwiderte: »ich schreibe Deine Sünden auf.« Da versetzte der wackere Fürst: »hat Dir Gott die Macht dazu gegeben, so thue es immerhin«, und begab sich, ohne andere Fragen zu tun, aus dem Zimmer. Mit diesem Gespenste darf jedoch das sogenannte weiße Gespenst nicht verwechselt werden. Dies war eine lange Frau in weißen Gewändern, welche nach der Volkssage sich früher ebenfalls sehen ließ, wenn ein Todesfall in der churfürstlichen Familie in der Nähe war: es zeigte sich besonders auf der Treppe der ersten zur zweiten Etage des ersten Turmes rechts im großen Schloßhofe, da wo früher ein geheimes Cabinet und die churfürstliche Handbibliothek war, und so soll dasselbe z.B. den Tod der Gemahlin des Kurfürst Johann Georg’s II. Magdalene Sybilla im Jahre 1687 angezeigt haben, wie Maurer (Amph. Un. S. 386) erzählt. Endlich soll es sonst auch noch auf dem vom Schlosse aus in die frühere, jetzt weggerissene, am Bärengarten befindliche Hofapotheke führenden Gange umgegangen sein, doch hat man eigentlich nie wirklich etwas gesehen, sondern furchtsame Personen erzählten nur, daß, wenn sie Abends diesen Gang betreten, es gerade so sei, als wenn ein großer weißer Ballen hinter ihnen her gewälzt werde. (S.a. oben S. 25. Nr. 22. u.S. 41. Nr. 29.) Ueber das im Winter 1865-66 in den Zimmern über dem Gr. Gewölbe gehörte Geräusch und Poltern ist keine Aufklärung erlangt worden.
Das Aber zu Dresden
Früher sagte man häufig von Personen, die schlecht bei Gelde waren: es fehlt ihm an dem Dresdnischen Aber. Der Ursprung dieses Sprichworts ist folgender. Im Jahre 1617 haben der Kaiser Matthias und der Erzherzog Ferdinand von Oesterreich den Kurfürst Johann Georg I. zu Dresden besucht und der Letztere hat ihnen unter anderen Merkwürdigkeiten seiner Residenz auch das mit Geschützen aller Art und andern zur Kriegsführung nöthigen Dingen vollständig ausgerüstete Zeughaus gezeigt. Als er nun den Kaiser fragte, wie ihm das Alles gefalle, so gab dieser zur Antwort: »das Zeughaus ist vortrefflich, aber!« Der Churfürst hat gleich gemerkt, diese abgebrochene Rede des Kaisers solle soviel sagen, als: es wären wohl Waffen und Vorräthe genug da, aber so viel Geld, als zur Erhaltung einer zu diesen im Verhältniß stehenden Armee nöthig wäre, sei nicht in Sachsen. Indeß hat er auf der Stelle nichts geantwortet, sondern den Kaiser weiter und endlich in die churfürstliche Schatzkammer gebracht, wo ihm eine so ungeheure Menge von daselbst befindlichen Silberplatten gezeigt ward, daß er sich nicht genug wundern konnte. Als er nun diese und andere hier nicht vermuthete Schätze staunend betrachtete, da sagte der Churfürst: »Allergnädigster Kaiser, hier ist das Aber!«
Original: Johann Georg Theodor Grässe, Sagenbuch des preußischen Staates