Freiberg wurde im Jahr 1168 gegründet, nachdem bei Christiansdorf, einem Dorf in der Nähe des heutigen Freibergs, Silbererz gefunden wurde. Die Stadt erhielt den Namen Freiberg, weil hier jedermann Silbererz abbauen konnte. Die Gründung Freibergs war ein wichtiger Meilenstein in der Entwicklung des Bergbaus im Erzgebirge. Die Stadt entwickelte sich schnell zu einem wichtigen Handels- und Wirtschaftszentrum und war im Mittelalter eine der größten Städte in Sachsen. Heute ist Freiberg eine moderne Stadt mit rund 40.000 Einwohnern. Die Stadt ist vor allem bekannt für ihre Bergbaugeschichte und ihre Silbermannsorgel.
Inhaltsverzeichnis
Die Sagen und Erzählungen rund um Freiberg
Auffindung des Freiberger Bergwerkes
Einst haben Fuhrleute Salz aus Halle an der Saale geholt, um es in Böhmen einzuführen, als sie nun an die Grenze des böhmischen und meißnischen Gebirges kamen, haben sie in der Gegend, wo jetzt die Stadt Freiberg liegt, in einem Wagengeleiße ein Geschiebe von gediegenem Bleierz angetroffen, welches vom Wasser blosgelegt worden war. Weil es nun dem Goslarischen Erz nicht ganz ähnlich sah, haben sie dasselbe auf den Wagen geworfen und hernach mit sich nach Goslar genommen, da sie bisweilen auch Blei von Goslar an andere Orte geführt. Da nun die Bergleute dieser Stadt gedachtes Geschiebe probeirten, so fanden sie, daß es an Silber weit reicher als der Goslarische Glanz- und Bleischweif war, es haben sich also eine Anzahl derselben aufgemacht und nach Anleitung der Fuhrleute dorthin begeben. Dadurch ist die heutige Bergstadt Freiberg nach und nach entstanden, jene Bergleute aber sind, weil ihnen ihr Suchen wohl gelungen, sämtlich reich geworden.
Das Wahrzeichen der Stadt Freiberg
Früher mußte derjenige Handwerker, welcher sich ausweisen sollte, daß er zu Freiberg gewesen, wissen, daß auf dem Dache des alten Thurmes des Petersthores (bis 1631) auf allen vier Seiten ein steinerner Mannskopf zu sehen sei, angeblich zur Erinnerung an den Ueberläufer, der 1297 die Stadt an Kaiser Adolph von Nassau verrathen hatte, ferner daß sich an der Brücke eine große uralte männliche Statue wie ein Roland, mit dem königlich dänischen, churfürstlich sächsischen und Stadtwappen und der Jahreszahl 1557 befand, und endlich daß im Rathhause vor der sogenannten Commisionsstube nach dem Markte zu in zwei Ecksteinen Kreutze eingehauen waren und Erz darin eingefaßt war. Endlich ist auch noch der viereckige breite Stein auf dem Markte zu Freiberg, der die Stelle bezeichnet, wo Kunz von Kaufungen hingerichtet ward, ein solches Zeichen. Dieser Raubritter soll nämlich unter dem steinernen Kopfe am Erker des Rathhauses, der sich durch eine schreckliche Physiognomie, Knebelbart, Sturmhaube und das Bild der Gerechtigkeit über sich auszeichnet, und gerade auf jenen im Jahre 1702 erneuerten Stein hinblickt, verstanden werden.
Der Teufel holt einen verliebten Cleriker zu Freiberg
Es hat sich zu Freiberg ein geistlicher Scholar auf der dasigen Klosterschule heftig in eine schöne Jungfrau verliebt und, weil er sie nicht zu seinem Willen verführen können, Rath und Hilfe bei einem Schwarzkünstler gesucht. Der hat ihn in einen Kreis gezogen und seine gewöhnlichen Beschwörungen angefangen, da denn der Teufel, der sich zu solchem Spotte nicht lange bitten läßt, geschwind in Gestalt der Jungfrau erschienen ist und sich also geberdet hat, daß der von brennender Liebe halb unsinnige Jüngling nicht anders vermeinet, als daß es seine Liebste sei. Darum sprang er auf und reichte ihr aus dem Kreise heraus die Hand, aber zu seinem großen Unglück und Verderben, denn alsbald riß ihn der Teufel zu sich hin und warf ihn dermaßen gegen die Wand, daß er auf der Stelle todt blieb. Dabei hatte er aber auch den Schwarzkünstler nicht geschont, sondern er nahm den zerschmetterten Körper und warf ihn mit solcher Gewalt wider denselben in den Kreis hinein, daß derselbe davon erstarrt die ganze Nacht winselnd liegen blieb und am Morgen noch halb todt gefunden und nachmals zur gebührenden Strafe gezogen ward. Solches geschah im Jahre des Herrn 1260.
Die Wallfahrt zur schönen Marie in Freiberg
Im Jahre 1261 sind die Geißler in großer Zahl in das Land Meißen gekommen und auch in die Stadt Freiberg gezogen, wo damals stark zur sogenannten schönen Marie gewallfahret ward. Sie sind halb nackend zwei und zwei baarfuß in rothen offenen Mänteln, so spanisch Armilausen heißen, einhergeschritten, allein ob sie wohl sich gegeisselt und große Buße und Heiligkeit vorgegeben, hat sie Bischoff Albrecht zu Meißen doch nicht leiden wollen, weil sie eine neue Secte seien, und haben sie bald wieder aus der Stadt weichen müssen. Von jener Wallfahrt meldet aber ein Cellischer Mönch, so sich Conrad von Freiberg nennt, es sei diese zu einem Marienbilde, das von Wachs in menschlicher Größe schön und zierlich geformt gewesen und in einer besondern Kapelle (wahrscheinlich im Johannishospitale oder der Frauenkirche) gestanden habe, gegangen, dorthin wären Leute von allen Orten, gerade wie wenn sie bezaubert gewesen, in Haufen zusammengeströmt, und was ein Jeder, Mann oder Frau, von seiner Arbeit gerade in der Hand gehabt, wie ihn diese Tollheit ergriffen, das habe er mit sich genommen und allda gelassen, wie auch viele krumme, lahme und andere preßhafte Menschen, die sich zu diesem Bilde gewendet und Gelübde verrichtet, gesund worden und ohne Mangel wieder davon gegangen sein sollen. Diese Wallfahrt hat lange Zeit gewährt, bis man erfahren, daß unter dem Scheine der Heiligkeit ein böses sodomitisches Leben und viel Schande und Laster getrieben werde, worauf durch ein Fürstlich Edict dem Pilgern dahin und den unordentlichen Zusammenkünften gesteuert und solche mit Ernst abgeschafft worden sind.
Entstehung des Freiberger Gebäcks: Der Bauerhase.
Markgraf Friedrich mit der gebissenen Wange liebte das zu seiner Zeit mächtig emporblühende Freiberg vor allen andern Städten seines Landes und pflegte dort häufig Hof zu halten. Zu dem Kreise, den er dort gern um sich versammelte, gehörte ein Caplan, der die Freuden der Tafel nicht verschmähte und ihm wegen seines muntern aufgeklärten Wesens besonders wert war. Eines Fastnacht-Dienstags hatten die Herrschaften bis nahe an Mitternacht getafelt, als der Markgraf seinem Koch, Namens Bauer, befahl, als nächsten Gang Hasenbraten auf den Tisch zu bringen. Der Caplan, welcher des Guten vielleicht bereits genug getan hatte, erhob jedoch hiergegen Einspruch und erklärte es im Hinblick auf die mit Mitternacht anhebende Fastenzeit für Sünde, nach der letzteren Beginn noch eine Fleischspeise zu sich zu nehmen. Während der Markgraf nun hierüber mit dem Caplan in einen Wortstreit sich einließ, war der Koch, ein lustiger Patron, nachdem er verheißen, beiden Parteien alsbald gerecht werden zu wollen, in seine Küche gegangen, hatte von seinem Teig einen Hasen geformt, denselben mit Mandeln wohl bespickt, und offerierte dieses Gebäck alsbald dem Markgrafen und seinen Gästen mit dem Bemerken, daß dergleichen Hasen wohl auch in der Fastenzeit mit Fug und Recht gegessen werden könnten. Der Caplan, den diese neue Speise reizte, erklärte dieselbe sofort für zulässig und der Markgraf, mit seinem Koch höchlich zufrieden, befahl, daß das neue Gebäck, dem er, seinem Erfinder zu Ehren, den Namen »Bauerhase« beilegte, in Zukunft stets seine Tafel während der Fastenzeit ziere.
Ein Freiberger Bürger rettet Markgraf Friedrich dem Freudigen das Leben
Im Jahre 1305 ist der Kaiser Albrecht nach Altenburg gekommen und hat Markgraf Friedrich den Freudigen zu sich entbieten lassen, ihn auch sehr freundlich aufgenommen und zu seiner Tafel gezogen, allein heimlich hat er einen Meuchelmörder bestellt gehabt, der plötzlich in’s Tafelzimmer hineinsprang und einen Stoß auf den Markgraf führte. Als dieses seine Diener sahen, ist der eine, so ein Bürger von Freiberg1 gewesen, ihm in den Stoß gefallen, dabei aber tödlich verletzt worden, die andern aber haben zu ihrer Wehr gegriffen und teils den Täter in Stücke gehauen, teils ihren Herrn aus der Gefahr vom Schlosse hinweg und am folgenden Tage in fremden Kleidern aus der Stadt gebracht, worauf er sich nach Pegau gerettet hat.
Die Mordgrube zu Freiberg.
Als um die Mitte des 14. Jahrhunderts das Bergwerk zu Freiberg im höchsten Flor war, trug es sich zu, daß, indem es gewöhnlich war, daß an Feiertagen gewisse Zusammenkünfte und gemeine Tänze bei Zechenhäusern gehalten wurden, auch in einer sehr berühmten Bergzeche zwischen Berthelsdorf und Erbißdorf ein solcher öffentlicher Reigentanz gehalten ward (1360). Da ist gerade ein katholischer Priester mit einer Monstranz vorübergegangen, um einen Kranken zu beichten, und der Glöckner hat nun zwar das gewöhnliche Zeichen mit dem Glöcklein gegeben, allein keiner der Tanzenden oder Zuschauer hat darauf geachtet, mit Ausnahme des Fiedlers, der zum Tanze aufspielte, welcher sich auf die Kniee niederließ, um dem heiligen Sacrament die Ehre zu erweisen. Da hat sich alsbald die Erde aufgethan, und die ganze anwesende Gesellschaft lebendig verschlungen, mit Ausnahme des Fiedlers, der sich auf einem kleinen Hügel so lange erhielt, bis man ihm zu Hülfe kam: dann ist aber der Hügel auch eingesunken, also daß man weder Tänzer noch Tänzerinnen wieder gesehen hat. Seit dieser Zeit hat sich aber an diesem Orte nie wieder irgend ein nützlicher Bau vornehmen lassen, man hat auch weder die Verfallenen, noch den Schmuck und das Geschmeide, so sie an und bei sich gehabt, wieder erlangen und retten können, denn ob man wohl oft geräumet und sonst viele Mühe deswegen angewendet, ist doch Alles, was man des Tages über bewältigt, des Nachts wieder eingegangen und hat daher diese Zeche noch bis heute den Namen Mordgrube behalten. Vor Zeiten ist die ganze Geschichte zu Erbißdorf in der dasigen Kirche abgemalt gewesen und im Jahre 1490 hat man an der Stelle jenes Ereignisses noch ein gewaltig rundes Loch, so groß wie der halbe Markt zu Freiberg sehen können.
Der große Brand zu Freiberg
Den 24. Juli des Jahres 1471 hat ein Bäcker zu Freiberg, Namens Werner Kühn, so sein Haus auf der Burggasse dem Oberthore gegenüber hatte, als das Holz bei Heizung des Backofens nicht gleich brennen wollte, solches in aller Teufel Namen brennen heißen. Darauf ist die Flamme zum Ofen herausgeschlagen, hat das Haus angezündet und also überhand genommen, daß kein Löschen mehr helfen wollen, also daß von der ganzen Stadt nur die Frauenkirche, die Meißner Gasse und die übrige Hälfte der Sechsstadt stehen blieb.
Die schöne Polyxena zu Freiberg
Ein Doctor des canonischen Rechts, Johann Gartewitz von Freiberg, († 1520) hat einige Zeit zu Rom gelebt und sich daselbst in den Stand der Ehe begeben, nach dem Tode seiner Frau aber ist er in den geistlichen Stand getreten, nach Freiberg zurückgekehrt und daselbst Canonicus geworden (1508). Er hat aber dahin seine in Rom gezeugte Tochter, die ihrer Schönheit wegen die schöne Polyxena genannt ward, mitgebracht, welche ein Brauherr auf der Meißner Gasse Andreas Behem (Böhme) geheißen zur Frau nahm. Diese hat ihrem Ehemann auf Anstiften eines Soldaten (Martin Krebs), mit dem sie Ehebruch getrieben, erst Gift beigebracht, und als dasselbe nicht nach Wunsch wirken wollen, denselben, ob er wohl bettlägerig und contract worden, doch um ihn los zu werden, des Nachts mit dem Brodmesser erstochen, vorgebend, als wenn er solches aus Schmerzen und Ungeduld selbst gethan. Sie ist aber, weil man Verdacht geschöpft, eingezogen und den 3. Septbr. 1522 enthauptet und alsdann aufs Rad gelegt worden.
Der ungeratene Sohn, der zu Freiberg drei Jahre auf einer Stelle gestanden hat
Im Jahre 1545 hat ein Bürger zu Freiberg, Namens Lorenz Richter, seines Handwerks ein Leineweber, welcher auf der Weingasse gewohnt, seinem vierzehnjährigen Sohne etwas zu thun befohlen. Als dieser nun nicht alsobald den Befehl vollzogen, sondern in der Stube eine Zeit lang stehen blieb, hat er ihn aus zornigem, ergrimmten Gemüthe verwünscht und gesagt: ei so stehe, daß Du nimmermehr fortgehen könntest! Auf diesen Fluch und Verwünschung des Vaters ist der Knabe auch stracks stehen geblieben, daß er nicht von der Stelle kommen konnte, hat auch drei Jahre ganz auf derselben Stelle gestanden, also daß er eine tiefe Grube in die Diele getreten und man ihm des Nachts, wenn er schlafen wollte, ein Pult untersetzen mußte, damit er den Kopf und die Arme darauf legen und ein wenig ruhen konnte. Weil aber die Stelle, da er gestanden, nicht weit von der Stubenthüre beim Ofen, und den Leuten, die in die Stube gegangen, gleich im Anlaufe gewesen, so haben die Geistlichen bei der Stadt auf ihr vorhergehendes fleißiges Gebet ihn von dem Orte aufgehoben und gegenüber in den andern Winkel der Stube glücklich und ohne Schaden, wiewohl mit großer Mühe gebracht, denn wenn man ihn sonst forttragen wollen, ist er alsbald mit unaussprechlichen Schmerzen befallen und ganz wie rasend worden. An diesem Orte, sobald man ihn wieder niedergesetzt, hat er ferner bis ins vierte Jahr gestanden und die Diele noch tiefer durchgetreten als zuvor, da man denn einen Vorhang um ihn geschlagen, daß ihn die Aus- und Eingehenden nicht so sehen können, welches auf seine Bitte geschehen, weil er am Liebsten allein gewesen und wegen steter Traurigkeit nicht gern viel geredet. Endlich hat der gütige Gott ihm die Strafe etwas gemildert, so daß er das letzte halbe Jahr sitzen, sich auch in’s Bette, so neben ihn hingestellt worden, legen können. Wenn ihn Jemand gefragt, was er mache, hat er gemeiniglich geantwortet, er werde von Gott dem Herrn seiner Sünden wegen gezüchtigt, setze Alles in dessen Willen und halte sich an das Verdienst seines Herrn Jesu Christi, auf welches er hoffe selig zu werden. Hat sonst ganz elend ausgesehen, ist blaß und bleich von Angesicht und hager und schmächtigen Leibes, auch sehr mäßig in Essen und Trinken gewesen, daß man ihm oft die Speisen einnöthigen müssen. Nach verflossenen sieben Jahren ist er dieses seines betrübten Zustandes den 11. Septbr. 1552 entbunden worden und im wahren Bekenntniß und Glauben an den Herrn Jesum Christum eines natürlichen vernünftigen Todes, nicht aber an der Pestseuche, wie Einige geschrieben, gestorben. Die Fußtapfen hat man nach langer Zeit an beiden Orten im gedachten Hause in der obern Stube, da sich die Geschichte begeben, die ersten beim Ofen, die andern in der daneben befindlichen Kammer, indem die Stube hernach kleiner gemacht und unterschieden worden, sehen können. Der Vater, von dem man gemeldet hat, daß man ihn wegen der erfolgten Wirkung seiner Verwünschung den himmlischen Vater genannt habe (dies ist unrichtig, sondern er erhielt den Namen, weil er in dem zu Pfingsten 1516 zu Freiberg auf dem Markte gehaltenen geistlichen Spiele den Gott Vater agirt hatte), hat besagte Fußtapfen in den Dielen alsbald nach des Sohnes Tode aussetzen lassen wollen, weil er sich wegen seines unbesonnenen Eifers und Fluchs geschämt, es hat ihm dies aber der Rath untersagt und geboten, daß er solche zum immerwährenden Gedächtniß stehen lassen mußte.
Das Mönchskalb zu Freiberg
Den 29. Juni 1523 ist zu Freiberg im öffentlichen Kuttelhofe in einer geschlachteten Kuh, so einem Bauer zu Klein-Waltersdorf zugehörte, das sogenannte Mönchskalb gefunden worden. Dieses Kalb hat einen runden ungestalteten Kopf gehabt und oben darauf eine Platte wie ein Pfaffe, sammt zwei großen Warzen wie kleine Hörner: mit dem Untermaule ist es einem Menschen, mit dem obern und der Nase einem Kalbe gleich, sonst aber ganz glatt am Leibe gewesen, es hat die Zunge lang aus dem Munde herausgestreckt; die Haut am Halse und Rücken herunter hat wie eine gewundene Mönchskutte ausgesehen, an den Seiten aber vorn und an den Beinen ist es voller Ritze und Schnitte gewesen, als wenn die Kutte zerhauen oder zerschnitten wäre. Solches Ungeheuer ist von Dr. M. Luther in seinen Schriften (Bd. IX. d. Witt. A. f. 187), wo es auch abgebildet wird, neben der Beschreibung des Papstesels, den man 1496 zu Rom gefangen, gedeutet worden, Melanchthon aber (Epist. ad Camerarium p. 22) meinte, daß durch dieses Kalb die Verderbniß der lutherischen Lehre in fleischliche und verderbliche Meinungen, wie sie zu selbiger Zeit im Schwunge gewesen, angezeigt worden, inmaßen auch bald hierauf ein Schwein zu Halle in den Osterfeiertagen ein Ferklein geworfen, welches einem Pfaffen in Gestalt des damaligen Habits ganz ähnlich gesehen. Es hat aber gedachtes Mönchskalb die Autorität der Geistlichen, so dem Papste zugethan gewesen, sehr verringert, also daß auch die Bergleute ein besonderes schimpfliches Lied davon gedichtet und dasselbe den Mönchen und Pfaffen zu Spott und Hohn lange Zeit allhier gesungen mit Bezug darauf, daß der Fleischer mit Vorbedacht und Willen das Fleisch von der Kuh, in welcher man das besagte Mönchskalb gefunden, Niemandem als den Canonicis, Mönchen und andern Geistlichen gelassen und solche dasselbe unbewußt verzehrt haben.
Der Affe mit dem Kinde zu Freiberg
Am 3. September des Jahres 1528 hat sich zu Freiberg ein Affe auf dem Schlosse losgerissen und ist durch das Hinterthor in ein nahe dabei stehendes Haus hineingeschlichen, wo er ein Kind, so noch in Windeln gewickelt gewesen, aus der Wiege genommen und damit fortgelaufen. Als man ihm nun nachgesetzt und die Gassen und Wege in der Stadt verlegt, daß er nicht weiter entwischen können, ist er mit dem Kinde auf ein Haus gesprungen, hat dasselbe oben auf der Dachrinne ausgewickelt, in die Vorderpfoten genommen und lange auf dem Dache mit demselben herumgegaukelt, also daß Jedermann gemeint, es werde um das Kind geschehen sein. Sobald jedoch sein Meister, der ihn im Schlosse erwartet, dazukam und ihm zurief, ist er wieder vom Dache herabgesprungen und hat demselben das Kind zwar ohne Windeln, doch unversehrt übergeben, worüber sich Jedermann gewundert und solches Gottes sonderbarer Güte und Bewahrung, so er dem Kinde erzeigt, zugeschrieben hat.
Der Teufel hört einen Bergmann beichten
Im Jahre 1537 ist ein alter ehrlicher Bergmann zu Freiberg, Namens Benedix Reisiger, der auf der Viehgasse vor dem Petersthore wohnte, sehr krank gewesen. Zu diesem ist der Satan vor Aller Augen mit einem langen Papier (und in Gestalt und Kleidung eines Geistlichen, wie Manlius sagt), fast einer Kuhhaut gleich, gekommen und hat ihm gesagt, er sei als ein Notarius abgefertigt, alle seine Sünden, die er begangen, aufzuzeichnen, hat sich auch bei seinem Bette niedergesetzt, Feder und Tinte zur Hand genommen und den Bergmann solche zu erzählen ernstlich vermahnt. Wiewohl nun dieser anfangs sehr erschrocken ist, hat er doch bald wieder Muth gefaßt, sich des Herrn Christi getröstet und geantwortet: »ich bin ein armer Sünder, willst Du meine Sünden ja aufschreiben und bist deswegen hergekommen, so schreibe oben an: des Weibes Samen Christus Jesus hat der Schlange den Kopf zertreten.« Wie solches der Satan gehört, ist er alsbald mit Papier und Tinte verschwunden, daß nichts von ihm als ein übler und abscheulicher Gestank zurückgeblieben ist, der Bergmann aber ist in festem Glauben an das Verdienst Christi kurz darauf sanft und selig verstorben.
Der Satan setzt einem Bergmann hart zu
Den 26. Februar des Jahres 1607 hat ein Bergmann, welcher sonst seines stillen und eingezogenen Wandels halber gutes Lob gehabt, in der Fastnachtszeche von Andern angehetzt, allerhand Ueppigkeit getrieben und etliche leichtfertige Reden von Gott und göttlichen Sachen geführt, unter andern vorgegeben, daß, ob er schon in die Hölle käme, doch gute Gesellen genug darin anzutreffen sein würden. Als dieser nun Abends heimgehen wollte, ist ihm der Satan in schrecklicher Gestalt erschienen und hat ihm heftig zugesetzt und gedroht, mit Vermelden, daß, so er rechte Macht über ihn hätte, wollte er ihn bald an den Ort führen, dahin er zu guten Gesellen begehre, ist auch hernach eine Zeitlang neben ihm in und aus der Grube gefahren, daß er nirgends Ruhe haben konnte, sondern überall hart angefochten und geplagt ward, bis er endlich Trost bei seinem Beichtvater suchte, das heilige Abendmahl nahm, ein gottesfürchtiges Leben versprach und böse Gesellschaft gemieden hat, worauf der Satan ausblieb und sich nicht ferner sehen ließ.
Der Donatsthurm zu Freiberg
Auf dem sogenannten Donatsthore zu Freiberg befindet sich ein runder und sehr starker Thurm, dessen Mauern 9 Ellen stark sind und den angeblich die Bergleute, so jeder nur einen Pfennig von ihrem Solde abgegeben, haben erbauen lassen. Wenn man nun um die Stadt Freiberg herumgeht, so sieht man, wenn man vom Erbischen Thore nach dem Donatthor zugeht, einen kleinen viereckigen Wachtthurm, hinter den sich, sobald man demselben gleichsteht, der große Donatthorthurm verkriecht, also daß man von solchem nichts mehr als den Knopf von der oben darauf stehenden Fahne sehen kann, trotzdem daß der große Thurm noch mehr als einmal so hoch ist, als der nächst vorstehende Wachtthurm.
Auf dem Donat Spath, im Bereiche der Elisabethen Fundgrube zu Freiberg sieht man in der Nähe eines alten Schachtes den Namen Hans in Stein gehauen und deutet ihn als das Erinnerungszeichen an einen hier verunglückten Bergmann dieses Namens. Die Sage erzählt hierüber Folgendes.
Der Berggeist am Donat zu Freiberg.
Es hat einmal am Donat ein armer Bergmann, Namens Hans, gearbeitet, der so in Dürftigkeit schmachtete, daß er oft in der Grube mit Thränen laut über seine Noth jammerte. Da zertheilte sich einmal plötzlich der Felsen und aus dem steinernen Thore trat ein kleines Männchen hervor. Das war der Berggeist. Der sprach zu ihm: »Hans, ich will Dir helfen, aber Du mußt mir jede Schicht dafür ein Pfennigbrod und ein Pfenniglicht geben und keinem Menschen etwas davon sagen.« Hans erschrak zwar, allein da er sah, daß derselbe guter Laune sei, so versprach er Alles. Der Berggeist verschwand und ließ ihm viel Silber zurück, Hans aber hatte nun immer Ueberfluß an Geld, ließ tüchtig aufgehen, hütete sich aber wohl, irgend Jemandem etwas von seiner Geldquelle zu sagen. Da kam das Stollnbier, an welchem die Bergleute gewöhnlich etwas über die Schnur zu hauen pflegen. Dies that leider auch Hans, und nicht lange dauerte es, so war er schwarz, vergaß sein dem Berggeist gegebenes Versprechen und erzählte seinen Genossen, was ihm begegnet war. Am andern Tage, als er nüchtern geworden, erinnerte er sich freilich an sein Geschwätz, allein er konnte das Gesagte nicht wieder zurücknehmen und fuhr mit Zittern und Zagen an. Sein Geschäft war aber, den Knechten, welche am Haspel standen, das Zeichen zu geben, allein dasselbe ließ an diesem Tage lange auf sich warten, man rief ihn zwar, aber es erfolgte keine Antwort. Plötzlich zuckte es am Seile, ein helles Licht erglänzte in der Teufe, und die Haspelknechte, die freilich nicht wußten, was das zu bedeuten haben könne, drehten gleichwohl geschwind den Rundbaum und bald war der Kübel zu Tage gefördert. Allein statt des Erzes lag in demselben der Bergmann Hans todt mit blauem Gesichte wie ein Erwürgter, auf ihm das letzte Pfennigbrod und rings um den Kübel brannten die Pfenniglichter, die er dem Berggeist geopfert hatte und die dieser jetzt samt dem todten Geber zurückgab.
Sprüche von der Stadt Freiberg.
Die Stadt Freiberg ist nicht blos durch ihren reichen Bergsegen, sondern auch durch die Schönheit ihrer Lage berühmt gewesen; davon sagt ein altes Sprichwort (bei Knauth, Prodr. Misn. S. 172): wenn Leipzig mein wäre, wollte ich es in Freiberg verzehren. Obgleich das Freiberger Bier zwar keinen besondern Namen hatte, wie es im 16. und 17. Jahrhundert Mode war1, gab es doch zu einem andern Sprichworte Gelegenheit. Dieses hieß: es kitzelt einem in der Nase, wie das Freiberger Bier. Ein anderes Sprüchlein, daß sich zugleich mit auf zwei andere Städte Sachsens bezieht und deren Untergang prophezeit, lautet traurig genug also:[
Meißen wird ertrinken,
Freiberg wird versinken,
Dresen
Wird man zusammenkehren mit Besen,
allein glücklicher Weise ist diese böse Prophezeihung noch bei keinem der genannten Orte wahr geworden, wiewohl das theilweise Eintreffen derselben bei dem fast ganz durch den Bergbau unterminirten Freiberg nicht gerade zu den Unmöglichkeiten gehören würde.
Original: Johann Georg Theodor Grässe, Sagenbuch des preußischen Staates